Das Youth Symphony Orchestra of Ukraine (YsOU) wurde 2016 mit Unterstützung deutscher Musikinstitutionen und unter der künstlerischen Leitung der Dirigentin Oksana Lyniv ins Leben gerufen. Hier musizieren und lernen Musiker:innen von 12 bis 22 Jahren, kostenlos. Tourneen führten das Ensemble bereits nach Deutschland, Österreich, Kroatien und in andere Länder Europas. Für den Sommer 2022 stand […]
Autoren-Archive: Jeffrey Arlo Brown
...ist seit 2015 Redakteur bei VAN. Seine Texte sind auch in Slate, The Baffler, The Outline, The Calvert Journal und Electric Lit erschienen. Er lebt in Berlin.
Lebenslänglich
Zu Beginn von Ingmar Bergmans Film Szenen einer Ehe lernen wir Marianne und Johan kennen, die als Muster-Ehepaar für die Homestory einer Zeitschrift interviewt werden. »Glaubst Du wirklich, dass zwei Menschen ihr ganzes Leben zusammenbleiben können?«, fragt Marianne in einer der nächsten Szenen ihren Mann. »Das ist so eine absurde Konvention, die wir ich weiß nicht […]
»Wenn ich neue Musik höre, die tonal ist, möchte ich am liebsten im Erdboden versinken.«
Die Musik der 1985 geborenen schwedischen Komponistin Lisa Streich ist klanglich und dramaturgisch subtil und fesselt gerade darum umso mehr. Häufig arbeitet sie mit traditionellen Instrumenten, die durch kleine selbstgebaute motorisierte Geräte präpariert oder modifiziert werden. Wenn ich ihre Stücke höre, habe ich manchmal das Gefühl, auf Molekülgröße geschrumpft zu sein und im Innern einer […]
»Wenn ein Festival ein Motto hat, dann spiele ich nicht.«
Ich treffe den Wiener Pianisten Rudolf Buchbinder in seinem Künstlerzimmer in der Alten Oper in Frankfurt, wo er sein Diabelli Project Programm spielt: in der ersten Hälfte zeitgenössische (Jörg Widmann, Lera Auerbach, Max Richter, Toshio Hosokawa) und ältere, aber weniger bekannte Variationen (Liszt, Czerny, Schubert) des kurzen, etwas banalen Walzers; in der zweiten Hälfte den […]
»Als man im Frühling 2020 an der Philharmonie den ganzen Tag skaten konnte, war es, als hätte Gott Adam und Eva kurz zurück ins Paradies gelassen.«
Erinnern wir uns an die dystopischen Zustände am Anfang der Coronapandemie, kommen dabei oft ganz bestimmte Bilder hoch. Für mich sind es die Berliner Skateparks, die scheinbar über Nacht mit Absperrband versehen waren, als wären sie Tatorte, an denen sich Grausames ereignet hat. Im Frühling 2020 waren die Tage lang und leer: Arbeit, Alkohol, ab […]
Der Bruckner-Schwindel
Als ich siebzehn Jahre alt war, hörte ich zum ersten Mal live eine Bruckner-Sinfonie, gespielt vom Boston Symphony Orchestra. Ich weiß nicht mehr, welche es war, was sonst auf dem Programm stand oder wer dirigiert hat. Nur an eins kann ich mich klar erinnern: ein Gefühl der völligen Verlorenheit. Es war mir, als ob ich […]
»Ich habe in den letzten zwei Jahren jeglichen Spaß am Singen verloren.«
Wenn man mit den ehemaligen Kolleg:innen der Altistin Dina König spricht, betonen sie immer, wie hoch das musikalische Niveau der Sängerin ist. Vielen scheint es wichtig, das zu erwähnen, seit König im September 2020 ihre Gesangskarriere aufgab, nachdem sie eine Zusage für eine Stelle als Tramfahrerin bei den Basler Verkehrsbetrieben bekommen hatte. Musiker:innen betrachten den […]
Erneuerung im Leisen
Endlich wieder Konzert und Oper, die einen mit Klang umhüllen wie das Fruchtwasser einen Embryo. Endlich wieder die Millisekunden spüren, die der Ton braucht, bis er das Trommelfell berührt. Das Abdunkeln der Saallichter, das angespannte Warten, bis der Dirigierstab mit dieser sonderbaren Mischung aus Wille und Schwerkraft fällt, die Spucke der Sänger:innen, die wie Staub […]
»Heutzutage wird über Vibrato in den großen Orchestern leider Gottes überhaupt nicht mehr gesprochen.«
Wir treffen den österreichischen Dirigenten und Musikdirektor des Pittsburgh Symphony Orchestra Manfred Honeck am Vormittag nach seinem Konzert mit dem Gustav Mahler Jugendorchester in der Elbphilharmonie Hamburg. Das Programm ist typisch für Honeck, der sich einen Ruf erarbeitet hat, die sinfonischen Schlachtrösser des 19. Jahrhunderts mit besonderer Vitalität und Frische zu interpretieren: Wagners Siegfried-Idyll, Orchestrierungen […]
»Schließlich dachte ich, dass es einfacher ist, das Requiem zu vollenden, als Rilling wieder und wieder zu sagen, dass ich es nicht kann.«
Im Juni besuchte ich den Pianisten und Musikwissenschaftler Robert Levin in seinem Haus in Cambridge, Massachusetts. Ausgaben der Gesamtwerke von Mozart, Schubert, Beethoven und vielen anderen Komponist:innen zieren sein Wohnzimmer. Levin besitzt die fast unheimliche Gabe, ein Werk in seine einzelnen Stilelemente zu zerlegen – ein bemerkenswerter Prozess der Destillation und Abstraktion, den Levin mit […]