Veröffentlicht inHundert 11

Vögelnde Strauße, oiseaux tristes

Nicht um ein Nichts, ein gar Nichtiges, dreht es sich in diesem Stück, sondern um unsere Träume und Sehnsüchte in diesem uns zermürbenden, ertränkenden Alltag, der die Liebe abschleift zu nickligem, kein Ende mehr nehmendem Aneinanderhadern. Gibt es denn Traurigeres, wenn man so recht darüber nachdenkt? Der Ruf kompletter Belanglosigkeit freilich eilt dem selten bis […]

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Überkreuzend

Konzerte mit dem Dirigenten Iván Fischer lohnen immer, selbst wenn eine seiner originellen Programm-Ideen mal eher so semi zündet. Denn Fischers Neugier, Fischers Freude und Fischers dirigentische Kompetenz auf unterschiedlichsten Gebieten von dogmafreiem Barock bis zu unverkopfter Gegenwartsmusik tragen jeden Abend. Was jetzt im Berliner Konzerthaus eine Bach-Kantate mit Musik von Philip Glass verbinden soll, […]

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Ritualvollzug

Die noch Uninitiierten, das heißt nicht voll in den Ritus Eingeweihten, sowie die Blasenschwachen erkennt man daran, dass sie bereits nach der zweiten oder dritten Zugabe den Saal verlassen, sobald sie ihren Videoschnipsel im smarten Flachkasten haben, diesem platten Sarg unserer Erinnerungen: Ach, diese Ahnungslosen wissen nicht, dass der Meister immer sechs Zugaben spielt. Mag […]

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Entnebelnd

Zu den Dingen, die das tüchtige Konzerthaus am Gendarmenmarkt der platzhirschigen Berliner Philharmonie voraus hat, gehört (außer einer Chefdirigentin) der Werner-Otto-Saal. Quasi eine flexible Studiobühne, durch die alle mögliche zeitgenössische Musik permanente Präsenz im Haus hat: zum Beispiel mit der Reihe 2x hören, mit dem AsianArt Ensemble oder Berlin PianoPercussion. Die regelmäßigen Auftritte des ensemble […]

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Anti-, halb- und vollwotanisch

Wer den überoperngroßen Ring des Nibelungen inszenieren will, dem kann es leicht wie Wotan ergehen: Ein kühner Entwurf zeitigt unabsehbare Folgen, und wenn man dann die Dramaturgiekundlerin fragt, »wie zu hemmen ein rollendes Rad«, ist es längst zu spät – man hat sich verzettelt. Andererseits, willensfaule Beschränkung auf biederes Weltendrama-Begleiten oder gar schnödes Illustrieren wäre […]

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Von Menschen und Tauben

»Was ist der Mensch?«, lautete die Frage, die den legendären Universalgelehrten Arnold Hau zeitlebens umtrieb. Die letzten kirchlich Geprägten mögen das autovervollständigen: »Was ist der Mensch, dass du ihn groß achtest und dich um ihn bekümmerst?« So heißt es im Buch Hiob in der revidierten Lutherbibel von 1984. Den einleitenden Hauptsatz (und damit die ewige […]

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Sorgfältig treibend

Mit Dirigentenkarrieren ist es ein bisschen wie mit Führerscheinen im Autowahnland Germanien: Ist die Lizenz erst da, gilt sie ohne weitere Überprüfung bis zum jüngsten Tag; gegebenenfalls hofft man auf Einsicht, und unter kritischen Umständen kann man von Glück sagen, wenn lediglich Blechschaden eintritt. Für junge Dirigenten ist es oft schwieriger. Da kann es passieren, […]

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Bruckner unborn

Die Kombination von Brucknerjahr und thielemannscher Repertoirebeschränkung treibt kuriose Blüten. Bei den Berliner Philharmonikern werden als Raritäten gespielt: Anton B.s fragwürdigerweise sogenannte »Nullte Sinfonie« sowie eine Sinfonie, die man in dieser Logik die Minus-Einste nennen müsste. Quasi ungeborene Erstlinge. Oder ungelegte Eier, die aber doch schon verblüffend fertiggebrütet waren, wie das Orchester und Christian Thielemann […]

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Effekt ohne Haschmich

Elisabeth Leonskaja ist zum Glück höchst lebendig. Am Berliner Konzerthaus gibt es neben der jeweiligen Residence eines verhältnismäßig jungen Künstlers (in dieser Saison des Geigers August Hadelich) regelmäßig konzentrierte Hommages an, sagen wir mal, große Alte. Die müssen gar nicht mehr sehr aktiv sein. Im Fall von Alfred Brendel spielten vorwiegend junge, von ihm geförderte […]

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Große Räume, kleine Räume

Gewaltige Distanzen kann man an einem ganz normalen Berliner Konzertsonntagnachmittag zurücklegen: etwa von der nicht ersten, aber ersten bedeutenden Oper der Musikgeschichte direkt rüber zu einem intimen Kammerkonzert mit feiner Gegenwartsmusik von sage und schreibe acht verschiedenen Komponisten. Eine Viertelstunde per S-Bahn und Tram, vom Tiergarten in die Prenzlberger Kastanienallee; nicht nur musikalische Welten. Und […]