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»Wenn ich an das Publikum denke, drehe ich durch.«

Calixto Bieito ist verantwortlich für einige der eindrücklichsten Bilder, die in den letzten Jahren auf europäischen Opernbühnen zu erleben waren. Ich werde nie seine Version der Entführung aus dem Serail an der Komischen Oper Berlin vergessen. Mozarts Musik und die zeitgenössische Bordellkulisse rieben sich hier aneinander. Die Musik bekam etwas geheimnisvoll Schmutziges, während die Kulisse […]

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»Nichts, was ich geschaffen habe, ist von Bedeutung ohne Menschen, an die ich es weitergeben kann.«

In wenigen Tagen geht Stas Nevmerzhytskyi, Chefredakteur von The Claquers, einem ukrainischen Online-Magazin für klassische Musik, an die Front. Der Musikwissenschaftler und Alte-Musik-Spezialist (»Ich habe meinen Abschluss an der Nationalen Musikakademie in Kyjiw gemacht, die leider immer noch nach Tschaikowsky benannt ist«) gründete das Magazin, dessen Artikel auf Ukrainisch und Englisch (und gelegentlich auch auf […]

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Sinnliches Vergnügen

In seiner 1997 erschienenen Biographie über Franz Schubert nimmt der (mittlerweile verstorbene) österreichische Musikwissenschaftler Ernst Hilmar die Reisen des Komponisten unter die Lupe. Wer sich schon immer fragte, welche Route Schubert im Frühjahr 1818 von Wien aus zu einer adeligen Familie in Želiezovce wählte, findet hier Antworten (von Hlohovec über Hainburg und Preßburg). Hilmar weiß, […]

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»Geige spielen im hohen Alter ist sehr schwierig, mit Darmsaiten ganz besonders.«

Barockgeiger John Holloway begann seine Karriere auf einer modernen Geige in einem konventionellen Orchester: Nach dem Studium war er kurzzeitig Stimmführer der 2. Geigen der Bournemouth Sinfonietta. Das mag in der Rückschau ähnlich unwahrscheinlich klingen wie der Umstand, dass der kürzlich verstorbene Heldentenor Stephen Gould eine Zeitlang einen ganz normalen Bürojob hatte. 1972 öffnete eine […]

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»Ich liebe Musik, aber meine Liebe zur Musik hat nicht unbedingt viel mit dem Konzerte-Spielen zu tun.«

Auf Alexander Melnikovs neuestem Album, Fantasie, spielt der russische Pianist Musik von sieben Komponisten: Carl Philipp und Johann Sebastian Bach, Mendelssohn, Mozart, Chopin, Busoni und Schnittke. Der Titel klingt nach romantischen Träumereien, doch Melnikov geht dieses Repertoire präzise artikuliert, mit Biss an. Bei jedem Stück setzt er sich an ein anderes Tasteninstrument, aber das vergisst […]

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Gebrochene Schönheit

In den Werken des irischen Komponisten Donnacha Dennehy klingen sowohl die Harmonien der französischen Spektralisten als auch die treibenden Rhythmen des amerikanischen Minimalismus an. Aus der Verbindung dieser oft als gegensätzlich verstandenen Genres (deren Akteur:innen der  jeweils anderen Seite für gewöhnlich mit Geringschätzung begegnen) schafft Dennehy ein geradezu hypnotisch fesselndes Ganzes. Ich erreiche den Komponisten […]

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»Ich habe viele Probleme.«

Die Musik des griechisch-französischen Komponisten Georges Aperghis zeichnet vor allem ihre verblüffende, absurde und oft witzige Theatralik aus. In seinen berühmten Récitations für Sopran solo dehnen sich sinnliche Beschwörungsformeln pyramidenförmig in der Partitur und im Klang aus und ziehen sich wieder zusammen; Les guetteurs de sons für drei Schlagzeuger erfreut sich am Spiel von Klang, […]

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»Die Verantwortung besteht darin, etwas Lebendiges für das Publikum zu schaffen.«

Im April veröffentlichte Ian Bostridge sein neuestes Buch über Feinheiten in der Interpretation in der Musik von Monteverdi, Ravel und Britten: Song and Self. A Singer’s Reflections on Music and Performance. Im Mai gab er zusammen mit dem Pianisten Julius Drake im Boulez-Saal in Berlin ein Recital mit Werken von Robert und Clara Schumann, Schubert, […]

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Die ultimative Dichterliebe

Der wunderschöne Monat Mai ist zwar laut Kalender endlich da, zeigt sich aber – zumindest in Berlin – bisher nicht von seiner wonnigen Seite. Wir setzen dieser meteorologischen Mittelmäßigkeit eine ultimative Frühlings-Compilation entgegen: die besten Aufnahmen von Robert Schumanns Dichterliebe op. 48, auf Gedichte von Heinrich Heine. Ich habe zwar keine 75 Aufnahmen gehört wie […]

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Den Boden fruchtbar werden lassen

Am 22. April dirigierte Kent Nagano »sein« Philharmonisches Staatsorchester Hamburg in der Carnegie Hall mit Beethoven, Brahms und einem neuen Werk des Komponisten Sean Shepherd, On a Clear Day (mit dem Cellisten Jan Vogler und internationalem Jugendchor zu einem Text von Schriftstellerin Ulla Hahn). Ich erreiche ihn über Zoom, trotz Verbindungsproblemen erklärt er gelassen, warum […]