Am 13. September wurde die 22-jährige iranisch-kurdische Mahsa Amini von der »Sittenpolizei« der Islamischen Republik Iran in Teheran festgenommen. Drei Tage später starb sie in Polizeigewahrsam. Im ganzen Land brachen Proteste aus, die von Frauen angeführt wurden und sich in erster Linie gegen das richteten, was Niloufar Nourbakhsh, die iranische Komponistin und künstlerische Leiterin der […]
Autoren-Archive: Jeffrey Arlo Brown
...ist seit 2015 Redakteur bei VAN. Seine Texte sind auch in Slate, The Baffler, The Outline, The Calvert Journal und Electric Lit erschienen. Er lebt in Berlin.
Die Gleichgültigkeit des Kosmos
Während der Arbeit am ersten Satz seiner Quatre chants pour franchir le seuil, den Vier Gesängen, um die Schwelle zu überschreiten, vermerkte Gérard Grisey im Juli 1996 in seinem Notizbuch: »Sollte ich jemals eine Oper komponieren, dann sollen die Konflikte und Tragödien sich nicht zwischen den einzelnen Stimmen entspinnen, sondern aus der Beziehung zwischen den […]
»Der Druck ist einfach omnipräsent.«
Im November 2021 schlängeln sich zwei Trompeten des Sinfonieorchesters Wuppertal durch die chromatischen Linien des Anfangsmotivs des Tuba Mirum, des vierten Satzes aus Antonin Dvořáks Requiem, bis ihr Klang schließlich mit einem beunruhigenden Holzbläserakkord verschwimmt. Es ist diese Art von exponierter Orchesterpassage, bei der man nur merkt, wie schwer sie eigentlich zu spielen ist, wenn jemand […]
»Für mich ist eine Produktion ein Misserfolg, wenn die Geschichte nicht verständlich rübergebracht wird.«
Hat die Metropolitan Opera, die seit 2006 von Peter Gelb geleitet wird, einfach nur ein paar schwere Jahre hinter sich, oder sind die Missstände, die an einer Institution dieser Größenordnung besonders deutlich zutage treten, nur die Spitze des Eisbergs an Schieflagen, die die gesamte Klassikbranche durchziehen? Die letzten sieben Jahre in der Geschichte der Met […]
»Für mich bedeutet ernsthaftes Arbeiten vor allem, dass ich keine Witze mache oder locker bin.«
Der finnische Dirigent Osmo Vänskä verabschiedet sich diesen Monat mit Mahlers Achter und einer »farewell celebration« vom Minnesota Orchestra. Seine Arbeit mit dem Orchester und allen voran die gemeinsamen Einspielungen wurden vielfach gelobt und ausgezeichnet. Selbst eine intensive Onlinerecherche hat nur eine einzige negative Kritik (von David Hurwitz für ClassicsToday) zutage fördern können. Vänskäs Sibelius-Interpretationen […]
So schön seriell
John McWhorter, Linguist der Columbia University und Kolumnist der New York Times, brachte am 26. April die 300-Millionen-Köpfe-Hydra der Hysterie (auch bekannt unter dem Namen Twitter) zum Zischen mit dem Post seines Kommentars Classical Music Doesn’t Have to be Ugly to be Good. McWhorter meinte unter Berufung auf zwei kürzlich erschienene Bücher unter anderem, dass […]
Ohne Ballast
Am 18. März 2022 feierte der Trompeter Håkan Hardenberger seinen 60. Geburtstag mit einem Konzert mit dem Swedish Radio Symphony Orchestra und Brett Deans Trompetenkonzert Dramatis personae. Die Zugabe zu seinen Ehren, das Thema aus Superman, quittierte er mit einem verschmitzten Lächeln und einem Schluck Champagner. Ich sprach mit Hardenberger über den langen Schatten von […]
Absurdes Theater
Am 14. April gab der russische Pianist Alexei Lubimov zusammen mit der Sängerin Yana Ivanilova ein Konzert im DK Rassvet, einem Veranstaltungsort im Zentrum Moskaus, in dem, ähnlich wie im Berliner Silent Green, gleichermaßen Konzerte wie Kulturevents und Clubnächte stattfinden. In der zweiten Konzerthälfte – Lubimov spielte gerade zwei Impromptus aus Schuberts D. 899 – […]
»Es kann sein, dass man selbst nichts lernt, wenn ein Orchester einen vor der eigenen Dummheit schützt.«
Seit 2007 leitet der englische Dirigent Daniel Harding das Swedish Radio Symphony Orchestra (SRSO), das mich vor kurzem nach Stockholm zu einem Proben- und einem Konzertbesuch einlud. Harding und ich aßen in einem Restaurant, das so fancy ist, dass es nicht mal eine Speisekarte gibt – der Küchenchef persönlich erklärt einem, was am jeweiligen Tag […]
»Einer muss es tun.«
Pünktlich zu seinem 70. Geburtstag erschien Ende Februar eine neue Biographie über den Komponisten Wolfgang Rihm. In Wolfgang Rihm: Über die Linie beschreibt die ehemalige FAZ-Musikkritikerin Eleonore Büning Rihms Lebensweg, die im gleichen Maße feindselige wie euphorische Rezeption seiner Musik und das Palimpsest seiner künstlerischen Ästhetik. Es ist der Versuch, eine Bilanz zu ziehen aus […]