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Als Erstes sterben die Kinder

Der Hangar I auf dem Flughafen Berlin Tempelhof ist fast so groß wie ein Fußballfeld. Durchs Nadelöhr einer kleinen Seitentür, barbierosa ausgeleuchtet, sickert das Publikum ein, was einen gut gelaunten, kleinen Stau erzeugt. »Viel Spaß!« wünschen die  Kartenabreißerinnen jedem, den sie passieren lassen. Was in keinem Verhältnis zu dem steht, was der Programmzettel verspricht. Dort […]

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Schlaflos in Sanssouci

Der Theaterschlaf – und das betrifft auch den in Oper, Konzert oder Kino – ist kein Privileg reisender Kritiker, von denen es sowieso nicht mehr so viele gibt. Es handelt sich vielmehr um eine bewährte, alte Kulturtechnik, die jeder erlernen kann. Davon ein andermal. Hier und heute geht es um eine Oper, in dem nicht […]

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Prüde durch die Wüste

Bei Pasolini, 1968, lebte die Familie des Mailänder Großindustriellen in einer kühlen, hellen, stillen, weiten Villa mit Garten, geschützt von einem übermannshohen Zaun. Das eiserne Tor, das sich nur zweimal öffnet und schließt, lässt Unheil hinein. 2023, an der Deutschen Oper Berlin, haust eben diese Familie hinter den sechs Schiebefenstern eines rabenschwarzen Adventskalenders in einem […]

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Neues vom Gottesnarren

Die Akte Weinberg ist noch nicht geschlossen. Viele Fragen bleiben unbeantwortet. Das hat jetzt die österreichische Erstaufführung seiner Oper Идиот wieder in Erinnerung gerufen. Wieder wunderten sich all diejenigen, die dabei waren, am 28.April im Museumsquartier, Halle E, in Wien: Wieso erst jetzt? Woher kommt diese machtvolle, erinnerungstrunkene Musik? Ist so was erlaubt, wem ist […]

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Schuld und Kino

Schon öfters hat sich Christian Jost sagen lassen müssen, seine Musik habe Filmmusikqualität. Jeder in der Branche, ob Musiker oder Kritiker, weiß, dass solch ein Lob immer noch Restgifte enthält von alten Avantgarde-Polemiken. Filmkomponisten sollen ja angeblich ihren Beruf vorwiegend zum Geldverdienen ausüben, im Unterschied zu anderen, die angeblich vorwiegend berufen sind zu Höherem. Jost […]

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Eine Frau sieht rot

Der Mensch ist gut, nur die Leut’ san bös. Ein alter Kalauer, er wird wahlweise Johann Nestroy, Erich Kästner oder Karl Valentin zugeschrieben. Doch egal, wer von den dreien ihn erfunden hat: Der zivilisationskritische Topos, der sich darin verbirgt, ist noch viel älter. Er reicht zurück bis zur antiken Polis. Dabei sind es durchaus nicht […]

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Sein oder Nichtsein

Auf dem Dach des Nationaltheaters in München weht zur Zeit die ukrainische Flagge. Nachts hüllt sich das Opernhaus in blau-gelbes Licht. Nichts Besonderes, in Hochkulturkreisen. Womit aber die Frage, was Kunst und Künstler ausrichten könnten gegen den ungerechten Krieg und ob es eventuell auch einen gerechten gibt, keineswegs beantwortet ist. Eine Oper ist eine Oper […]

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Alles für die Katz

Die sogenannten »Performing Arts« – Musik, Theater, Tanz – haben es mit einem Kanon von alten, starken Stücken zu tun, von denen einige unkaputtbar sind. Sie überleben erstaunlicherweise jede Bearbeitung, und sei die noch so rat- und sinnlos. Jede Überfrachtung, jede Unterschätzung, jedes Missverständnis. Sie verzeihen selbst handfeste Fehler. Immer bleibt ein lebendiger Kern übrig, […]

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Scheitern am Faktor Mensch

Drei weiße alte Männer mit rabenschwarzen Stimmen singen einander in Grund und Boden, zweieinhalb Stunden lang. Es kommt zu Handgreiflichkeiten. Warum? Kaum drei Minuten sind vergangen in Giuseppe Verdis später Oper Simon Boccanegra, da wird der Preis, um den es hier geht, erstmalig beim Namen genannt. In sanften Wellen spült das Meer einen Ohrwurm an […]

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Antwort Liebe

Man muss das Lied von der grauen Taube nicht kennen, um gleich zu merken, dass die Sache nicht gut ausgeht. Die ersten Töne dieser späten Oper von Peter Tschaikowsky sind tieftraurig, nach russischer Art: eine von dunkel lodernden Holzbläsern getragene, in sich kreisende Melodie. Mitten ins Herz trifft das, weich und warm und beunruhigend, bevor […]

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