Wenn man sich in die Biographie von Gidon Kremer vertieft, fällt auf, wie früh er seinen eigenen Kopf hatte und wie sehr er damit seiner Zeit voraus war. Gut dokumentiert und oft beschrieben wurde das für die zeitgenössische Musik, für die er sich schon zu Konservatoriumszeiten in Moskau interessierte und später vielfach einsetzte – Komponist:innen wie Pärt, Schnittke, Gubaidulina, später Weinberg. Es gilt aber auch für das Randrepertoire der Klassiker, Schumanns lange vernachlässigtes Violinkonzert etwa. Früh brachte er außerdem musikalische Welten zusammen, so wie auf seiner zweiten Einspielung des Beethoven-Violinkonzerts (1980), für die er die damals noch ungehörte – und bis heute kaum gespielte – Kadenz Alfred Schnittkes auswählte. Man kann sich vorstellen, auf wieviel Begeisterung dies damals beim Label Philips stieß. Sein Kampf mit den Plattenfirmen steht auch stellvertretend für das jahrzehntelange Hadern mit dem westlichen Musikbetrieb. Kremer bemängelte dessen Konservatismus und Starfixierung schon in den 1970er-Jahren, als beiläufige Systemkritik noch nicht zum guten Ton gehörte. 1981 gründete er in Lockenhaus eines der ersten Kammermusikfestivals im deutschsprachigen Raum, bei dem er seine Utopie eines ›anderen‹, partnerschaftlicheren und spontaneren Musikmachens verwirklichte. Sechzehn Jahre später folgte die Gründung seiner Kremerata Baltica. Auch musikalisch hat Kremer früh einen charakteristischen Ton gefunden, direkt, rau, immer voller Spannung und einer Intensität, die einen sofort anfasst. »Man hört die ersten Takte und weiß, dass er es ist«, so die Geigerin Veronika Eberle über Kremers Aufnahme der Mozart-Violinkonzerte mit Nikolaus Harnoncourt (1984). »Sein Spiel hat unglaublich viele Ideen auf engem Raum; es ist ein einzigartiger, ein wenig verrückter Mozart.«

Kremer, der politische Kopf, hat früh Putins imperialistisches Streben als solches erkannt. In einem Interview sagte er im Januar 2014, noch vor der Krim-Annexion: »Teil der russischen Seele ist auch ihr Größenwahn, und der ist nicht ungefährlich. Putin ist klüger, als man denkt. Das ist das Problem, und das ist die Gefahr. Er spielt mit der Gutgläubigkeit der westlichen Welt.« 

Ich treffe den 76-Jährigen an einem Freitagnachmittag in seiner Wohnung in Berlin-Charlottenburg: geräumige Zimmer, offene Küche, aber eingerichtet ist sie kaum. Auf dem Boden stehen Bücherkisten, an den Wänden hängen Konzertplakate und ein paar Bilder aus vergangener Zeit. »Ich bin hier selten, das ist eine Bleibe, die ich noch gestalten muss«, erzählt er mir später. »Ich versuche jetzt, mir Berlin als mein Zuhause vorzustellen, aber noch bin ich nicht so weit, es zu fühlen.«

VAN: In einem Interview haben Sie Anfang März 2022, kurz nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine, gesagt: ›Ich bin im Augenblick so verzweifelt, dass ich mir sogar die Frage stelle: Ergibt es irgendwie noch Sinn, Musik zu machen?‹ Haben Sie den Sinn wiedergefunden?

Gidon Kremer: Es gab zu Beginn des Krieges diese Verzweiflung und das damit einhergehende Bewusstsein, mit Schönheit oder mit Obertönen die Welt nicht retten zu können. Dass das Böse viel stärker ist, und man es mit der Musik nicht bekämpfen kann, war ein sehr präsentes Gefühl. Nicht dass ich mich inzwischen mit dem Krieg versöhnt hätte, im Gegenteil, ich bin heute noch genauso erschüttert wie damals. Trotzdem versuche ich daran zu glauben, dass unsere Tätigkeit einen Sinn macht. Was anderes bleibt mir auch nicht übrig. Musik kann heilend wirken, nicht aber die ›Musik des Krieges‹.

Sie waren zwei Wochen vor Kriegsbeginn mit Ihrem Projekt ›Snow Symphony‹ in Moskau. Wie haben Sie die Stimmung dort wahrgenommen?

Es lag eine gewisse Spannung in der Luft, viele meiner Freunde waren besorgt, aber dass dieser Krieg ausbricht, hat sich kaum einer wirklich vorstellen können, ich mir auch nicht. Das Paradoxe ist: Wenn ich den Erzählungen, die mich jetzt erreichen, glauben darf, spürt man den Krieg in Moskau immer noch nicht. Einige versuchen sich herauszureden, indem sie sagen: ›Es ist alles nicht so eindeutig.‹ Mit Freunden und Bekannten, die diesen Standpunkt einnehmen, versuche ich gar nicht mehr in Kommunikation zu treten. Für mich ist es eindeutig. Einmarschieren in ein Nachbarland steht nicht zur Debatte. Mein guter Freund, der georgische Komponist Giya Kancheli, hat immer gesagt: ›An allem ist Putin Schuld.‹ Nicht dass er damit eine Unwahrheit gesagt hat, aber ich würde es nicht so vereinfachen. Es gibt aus geschichtlichen Gründen, die Historiker besser erklären können als ich, sehr viele Leute, die hinter der Regierung und der Idee, ein Imperium und wichtiger als andere Staaten zu sein, stehen. Dieses Machoprinzip sieht man überall und es ist mir einfach fremd.

Es gibt angesichts des russischen Angriffs viele Diskussionen darüber, welche Musik wo und von wem gespielt werden sollte, und welche nicht. Wie stehen Sie dazu?

Ich würde im Augenblick wahrscheinlich kein ganzes russisches Programm gestalten, weil ich politische Untertöne vermeiden will. Aber ich werde wegen all dem, was jetzt passiert, nicht die russische Kultur als Ganzes abschreiben, so wie jetzt einige Staaten versuchen, Musik aus Russland zu verbieten. Ich finde das seltsam, aber emotional kann ich es verstehen, genauso wie ich es auch verstehen kann, dass in Israel bei einem Großteil der Bevölkerung Wagner nicht beliebt ist. Mich beschäftigt aber eigentlich eher die Frage, wie sich die Künstler heute in der Konfrontation mit dem Übel verhalten. Ob sie sich auf dessen Seite schlagen, ob sie schweigen …

Wie interpretieren Sie ein Schweigen?

Ich kann verstehen, dass Menschen in Russland in Angst leben müssen, die Pest ist omnipräsent. Wenn sich dann bestimmte anständige Leute weigern, die von der Politik erwartete laute Stimme zum Gebot der Stunde abzugeben, und statt mitzuspielen eher verstummen, kann ich das verstehen. Wohingegen ich die Leute bewundere, die trotz allem ihre Haltung bewahren und Stellung beziehen gegen die offizielle Propaganda, ob im engen Kreis oder öffentlich. Das ist natürlich im Ausland viel einfacher. Und dann gibt es, wie Sie wissen, einige Künstler, die sich mit dem russischen Imperialismus und dessen Anführer identifizieren. Das ist für mich sehr traurig zu sehen. 

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Sie sind früher auch mit Valery Gergiev aufgetreten, allerdings schon seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. Wann haben Sie eigentlich gemerkt, wie er politisch tickt?

Ich will die Künstler, die mitsingen im Chor, nicht beschimpfen, ich stelle sie nur in Frage. Und ich finde, es wäre ehrlich von ihnen, sich selber in Frage zu stellen. Aber wahrscheinlich reiten sie auf dem Erfolgspferd oder erwarten von der Identifikation mit der Politik einen Vorteil

Ich bin zufälligerweise gestern beim Auspacken auf ein Buch gestoßen, von dem ich gar nicht wusste, dass es in meiner Bibliothek ist [legt einen Bildband auf den Tisch]. Das ist in Russland 2007 herausgegeben worden. Es trägt einen wunderbaren Titel: Einlass ins Paradies. Es geht um das Duell der Propagandisten an der Ostfront, da sehen sie, wie die Propagandabilder sich auf beiden Seiten ähneln. Heute würde so ein Buch in Russland sicher nicht mehr verlegt.

Könnten Sie sich vorstellen, zurzeit in Russland aufzutreten?

Ganz klar: nein. Und ich glaube, das wird zu meiner Lebenszeit auch nicht mehr möglich sein. Ich bezweifle sehr stark, dass ich irgendwann noch einmal russischen Boden betreten kann. Ich bin zwar kein Russe, habe aber nach wie vor gute Freunde dort und mag die Sprache, die Dostojewski, Tschechow, Bunin, Pasternak und Brodsky sprachen.

35 Familienmitglieder Ihres Vaters wurden im Holocaust ermordet, darunter seine erste Frau und die kleine Tochter. Sie haben einmal gesagt: ›Ich war der Sohn des Überlebenden, um zu überleben, musste ich besser sein als die anderen.‹ Wie haben Sie als Kind auf die Familiengeschichte Ihres Vaters reagiert?

Als Kind habe ich versucht, meinem Vater das Trauma ›auszureden‹: ›Das ist alles vorbei, freu dich an dem, was ist.‹ Das war natürlich total naiv, weil man so ein Trauma nicht vergessen kann. Dass es in ihm blieb, habe ich erst später verstanden. Ich erinnere mich auch noch sehr gut daran, was für eine Aufregung es in der Familie 1956 gab, wie meine Großeltern am Radio saßen und vom Überfall auf Ungarn schockiert waren. Meine Familie waren immer Flüchtlinge, aus allen Ländern, in denen sie waren, haben sie versucht zu flüchten, ab und zu gelang es, ab und zu nicht, wie in der Sowjetunion. Es ist eine Familiengeschichte voller Dramen. Ich habe sie natürlich alle gespürt. 

Links: Gidon Kremer mit Geige mit 8 Jahren (1955) / Rechts: Gidon Kremer mit Mutter und Großeltern im Dezember 1956

Wie sind Sie damit umgegangen?

Ich habe immer viel geschrieben und ziemlich früh damit begonnen, Tagebuch zu führen. Aus der heutigen Sicht und aus der Sicht der Wissenschaft könnte man sagen, das war eine Art von Selbsttherapie. Jetzt komme ich im Gespräch mit Ihnen auf den Gedanken, dass ich das Schreiben vielleicht dem Großvater abgeschaut habe, der in meiner Kindheit immer viel über Musik geschrieben hat. Leider habe ich keine Spur, was er genau zu Papier brachte und wohin all das verschwunden ist. 

Es ist wissenschaftlich gut dokumentiert, wie Traumata von einer Generation auf die andere übertragen werden und welche Folgen das haben kann. In Ihrem Fall scheint es auch Ihre Widerstandsfähigkeit gestärkt zu haben: Sie haben trotz oder wegen des Drucks sehr schnell Ihren eigenen Kopf und Willen entwickelt. 

Das klingt pervers, aber in allem Schlimmen ist oft auch was Gutes. Der Druck, der auf mich ausgeübt wurde – durch das System, durch den Vater, durch den Wunsch der Familie, mich erfolgreich zu machen – war rückblickend sicher auch eine Hilfe, weil er mir beigebracht hat, was Arbeit bedeutet. Ich wusste, dass ich eine Verpflichtung hatte gegenüber meiner Familie, aber habe mich gewehrt, nur dieser zu folgen. Ich war auch froh, dass man mir noch etwas Freiheit geschenkt hat, dass die Großmutter meine Eigenständigkeit lobte und sogar der Vater zu sagen pflegte: ›Wenn du fünf Stunden geübt hast, kannst du danach tun und spielen, was du willst.‹ Später am Konservatorium habe ich mich dann immer weiter aus der Zwangsjacke befreit, indem ich in die Welt anderer Künste ausgebrochen bin, Ballett, Film oder Literatur. Das hat mir unwahrscheinlich geholfen und mich zu dem gemacht, was ich bin. 

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Was haben Sie da zum Beispiel gelesen oder geschaut?

Bücher von Nabokov, die Filme von Tarkovsky, Bergman, Antonioni und Fellini. Ein gutes Buch für einen Jugendlichen, das bei mir viele Gedanken ausgelöst hat, waren die Memoiren von Somerset Maugham, die er mit 64 geschrieben hat. [The Summing Up (1938), dt. Die halbe Wahrheit, d. Red.]  Ich habe versucht, aus dieser Geigenwelt, der ich sowieso verpflichtet war, auszubrechen, ging in Konzerte von Jacques Brel und Duke Ellington, hielt mich an Freunde, die anders als die offizielle Linie dachten. Als [Kremers Moskauer Geigenlehrer] David Oistrach sich später bemühte, mir eine Auslandsreise zu ermöglichen, habe ich in einem Gespräch im ZK der Partei gehört: ›Sie haben die falschen Freunde.‹ Es waren aber die richtigen. 

Gidon Kremer in Riga 1963

Sie haben eben gesagt, dass Ihnen früh beigebracht wurde, zu arbeiten. Sie waren auch immer ein Ruhe- und Rastloser. Hat sich das bei Ihnen geändert mit dem Älterwerden?

Nein, die Ruhelosigkeit trage ich bis heute in mir. Das ist einerseits ein Segen, andererseits ein Fluch. Bei mir kommt immer zuerst die Arbeit, zuerst die Geige, alles andere kommt danach. Ich hätte mir gewünscht, dass man mir nicht nur beigebracht hätte, wie man arbeitet, sondern auch, wie ich mich entspannen kann. Inzwischen habe ich aber gelernt, längere Perioden nicht zu spielen. Deswegen war sogar die Pandemiezeit für mich eine gewisse Erholung. Obwohl ich mir dann wieder die Aufgabe gestellt habe, jeden Tag zu schreiben. Ich bin dann meistens um 5 oder 6 Uhr aufgestanden und habe mich an den Tisch gesetzt.

Was haben Sie da geschrieben?

Das Mammutwerk, an dem ich im Dialog mit einem Schulfreund arbeite, ist eine Art von Zeugnis meines Seins. Wenn man über Filme spricht, wäre es ein Dokumentarfilm, aber ein sehr langer. Ob jemand Interesse hat, das Ganze zu lesen, beschäftigt mich wenig. Ich denke nicht daran, wie ich es kommerzialisieren kann. Es ist das Bedürfnis, mich mitzuteilen. Woher das kommt, kann ich nicht sagen, vielleicht kommt es aus dem Trauma der Kindheit, vielleicht aus dem Versuch, aus dem Korsett des Sowjetregimes zu flüchten, vielleicht aus der Neugierde meiner Vorfahren.

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Sie haben während der Pandemie auch angefangen, sich eigene Aufnahmen anzuhören. Können Sie sagen, welche die Wichtigsten waren?

Es wäre wunderbar, wenn ich das wüsste, aber ich kann es wirklich nicht sagen, weil ich bei jeder Aufnahme – oder sagen wir, nahezu jeder, 92 Prozent – voll dabei war. Außerdem sind es so viele, über 150 CDs. Vielleicht sagen Sie mir, was ich mir noch anhören soll?

Ich bin aufgewachsen mit den Beethoven-Sonaten mit Martha Argerich, dann Gubaidulinas Offertorium und Ihre letzte Aufnahme der Bach-Solosonaten und -partiten bei ECM …

Ein Kollege von Ihnen hat mir mal gesagt, in meinem Nachruf würden auf jeden Fall Schnittke und Piazzolla erwähnt. Jetzt bin ich froh, dass vielleicht auch Bach, Gubaidulina und Beethoven einen Platz haben. Ich bin nicht besessen davon, alle Aufnahmen zu hören. Es geht mir auch nicht darum, mit den Aufnahmen ein Testament zu  schreiben. Es ist für mich interessant, wie ich mich verändert habe oder wie ich etwas wann empfunden habe, und wann ich besonderes Glück hatte mit meinen Partnern. Ich habe mit einer so unglaublich großen Zahl an Dirigenten gespielt, ich glaube an die 500, mit so vielen außergewöhnlichen Klavierpartnern.

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Sie spielen Geige, seit Sie vier sind. Können Sie sich vorstellen, wie es wäre, das nicht mehr zu tun?

Ein Kollege von Ihnen hat mich vor ein paar Jahren gefragt: ›Haben Sie vor, genau wie Jascha Heifetz mit 72 oder 73 aufzuhören zu spielen?‹ Die Frage hat mich verwirrt. Ich lebe wie ich lebe, ich zitiere Nono: ›Was kommt, das kommt, und was kommt nicht, das kommt nicht.‹ Wir sind alle Kinder Gottes, wer weiß worüber wir noch alles stolpern werden? Das Alter hat auch seine Regeln, wie meine Mutter gesagt hat: ›Älterwerden ist nicht schön.‹ Ich nehme es ziemlich gelassen, merke aber auch, dass gewisse Unsicherheiten hier und da eintreten. Ich werde etwas langsamer, aber ich schaffe es immer noch, so zu leben, wie ich es mir wünsche. Aber im Vordergrund steht immer noch die Tätigkeit, nicht die Ruhe. Ich würde mir wünschen, mehr Zeit – nicht nur Zeit, auch Ruhe – für meine beiden erwachsenen Töchter Lika und Gigi zu haben. Von mir haben sie das nie bekommen, und ich bin es ihnen schuldig. Ich bewundere ihre Energie, ich bewundere ihren wachen Geist, merke aber auch, dass ich meinen Enkelkindern gegenüber ziemlich unbeholfen bin. Ich kenne die Tonleitern nicht so gut, wie ich sie auf der Geige kenne. Ich versuche, etwas Ruhe zu finden.

Gidon Kremer mit seinem Lehrer David Oistrach

Sie haben oft darüber gesprochen, eigentlich kein Zuhause zu haben. Haben Sie das jetzt in Berlin gefunden?

Es ist schwierig, mich irgendwo zu installieren. Aber es ist hier mindestens ein Versuch. Die letzten 15 Jahre habe ich in Vilnius gelebt, aber wie an allen anderen Orten, an denen ich mich für etwas längere Zeit befand, ob München, Paris, New York, Zürich, Basel, waren es auch dort immer nur Besuche, weil ich ständig durch die Welt gesaust bin. 

»An allen Orten, an denen ich mich für etwas längere Zeit befand, ob München, Paris, New York, Zürich, Basel, waren es auch dort immer nur Besuche, weil ich ständig durch die Welt gesaust bin.« 

In einem Filmporträt haben Sie einmal gesagt: ›Alles, was man gibt, bleibt, was man für sich behält, stirbt.‹ Beschäftigt Sie die Frage des Vermächtnisses, welche Spuren Sie hinterlassen möchten?

Ich glaube, in Tönen habe ich genug hinterlassen. In Worten habe ich genug geschrieben. Ich würde mir wünschen, dass es mit der Kremerata Baltica, die ich vor 26 Jahren ins Leben gerufen habe, weitergeht, mit mir oder ohne mich, weil es etwas sehr Wichtiges für mich ist, eine Weitergabe meiner Erfahrung und meiner Liebe zur Musik an die nächste Generation, und auch weil die Kremerata immer noch einzigartig spielt. Ich kann mit gutem Gewissen sagen, ich habe mein Leben gelebt. Ich würde es wahrscheinlich niemandem wünschen, durch all die Strapazen zu gehen, durch die ich gegangen bin, aber gleichzeitig bin ich dem Schicksal dankbar, denn die Strapazen, wie mühsam sie auch waren, haben mir geholfen, einiges zu schaffen und zu hinterlassen. Aber noch bin ich da und genieße es, meinen Weg weiter zu gestalten. ¶

... ist Herausgeber von VAN. Er studierte Development Studies, Ethnologie und Asienwissenschaften in Berlin, Seoul, Edinburgh und an der London School of Economics und arbeitete im Anschluss zehn Jahre als Berater in Projekten der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. 2014 gründete er mit Ingmar Bornholz den VAN Verlag, wo er auch als Geschäftsführer fungiert. hartmut@van-verlag.com