Am 6. August 1873 wurde in Memphis, Tennessee Mary Louise Carr geboren. Mutter Sarah Pratt Carr arbeitete als Pfarrerin und hatte in den 1890er Jahren eine Unitariergemeinde in der Gegend von Fresno – im kalifornischen Central Valley – gegründet. Die Kindheit von Tochter Mary stand von Anfang an im Zeichen der Musik. Ihre ersten Lebensjahre verbrachte sie in Louisville, Kentucky, von dort ging es weiter nach Napa (San Francisco). Dort wurde Mary Carr zur Sängerin und Komponistin ausgebildet. Die nächsten Stationen auf ihrem Weg waren Lemoore (Seattle), erneut San Francisco – und ab Mitte der 1920er Jahre Los Angeles.
Ausgehend von ihren Fähigkeiten als ausgebildete Sängerin wandte sich Moore immer stärker dem Komponieren zu. Catherine Parsons Smith bemerkt, den weiteren beruflichen Lebensweg Moores skizzierend: »Während die meisten amerikanischen Kompositionsinteressierten, insbesondere die Frauen unter ihnen, in erster Linie Lieder und Klavierstücke für ihre Schülerinnen und Schüler schrieben, konzentrierte sich Moore auf Opern und komponierte in einem Zeitraum von mehr als 40 Jahren insgesamt acht Stück.«
Schon mit 19 Jahren hatte Moore ihre erste Operette geschrieben, die in San Francisco von einer jungen Operntruppe uraufgeführt wurde. Die Komponistin selbst sang die Hauptrolle. Mit 25 Jahren heiratete sie Dr. John Claude Moore und konzentrierte sich die nächsten 15 Jahre vornehmlich auf die Kindererziehung. Später unterrichtete sie an verschiedenen Musikschulen Klavier. 1936 erhielt sie von der kalifornischen Chapman University die Ehrendoktorinnenwürde. Ab Ende der 1930er Jahre engagierte sich Moore bei der Organisation California Society of Composers. Mary Carr Moore starb mit 83 Jahren am 9. Januar 1957 im kalifornischen Inglewood.
Mary Carr Moore (1873–1957)
Konzert für Klavier und Orchester f-Moll (1934)
Mary Carr Moore war keine unpolitische Künstlerin. In ihrer 1912 in Seattle uraufgeführten Oper Narcissa: Or, The Cost of Empire thematisierte Moore die Vorfälle im Zuge des »Whitman-Massakers«, bei dem am 29. November 1847 der Mediziner und Missionar Marcus Whitman (1802–1847), dessen Frau sowie elf Siedler von amerikanischen Indigenen der Stämme Cayuse und Umatilla ermordet wurden.
Neben ihren zehn Bühnenwerken legte Moore acht Kompositionen für Kammermusikbesetzungen, vier Vokalwerke, ein paar Klavierstücke sowie das 1934 entstandene Konzert für Klavier und Orchester f-Moll vor. Was hagelt diese Komposition los! Als wäre Rachmaninow in einem seiner Klavierkonzerte schon an einer (zu allem existenziellen Überdruss von Horowitz gespielten) »Wahnsinnsstelle« angelangt! Nach mehr als einer Minute »hüpft« es sich so zurecht; irgendwie ist da die Einsicht, dass wir jetzt doch noch einmal »von vorne« anfangen müssen. Doch durch mutige Instrumenten-Kombinationen bleibt es höchst interessant. Bläser brüten nach zwei Minuten etwas aus, das man schwer in Worte fassen kann. Wohin geht das Ganze? Völlig unvorhersehbar. ¶