Am 21. August 1825 oder 1826 kam Kate Loder im südenglischen Bath zur Welt. Hanna Bergmann zitiert mehrere höchst lobende Einschätzungen des künstlerischen Talents von Loder, die bereits als kleines Kind ein fantastisches musikalisches Gehör aufwies. Aufgrund eines Augenleidens und einer leider allgemein schlechten Gesundheit unterrichtete man das Kind aber bis zum Alter von sechs Jahren nicht weiter in musikalischen Fächern.

»Zum Vergnügen« erlaubte man ihr aber, so Bergmann, Musik nach Gehör nachzuspielen. Mit 13 Jahren erhielt sie bei Henry Field (1797–1848) endlich Klavierunterricht und ging alsbald nach London, um an der Royal Academy of Music zu studieren. Bis 1844 erfolgte dort auch Kompositionsunterricht – bei Charles Lucas (1808–1869). 1839 und 1841 gewann sie königliche Stipendien. Und 1844 stellte sie man an der Royal Academy als Harmonielehre-Lehrerin an.

In diesen Jahren hatte sich Loder längst einen fantastischen Ruf als Pianistin erarbeitet und trat erfolgreich in London (und bald auch in anderen Städten Englands) auf. Felix Mendelssohn lobte sie persönlich für ihre Interpretation seines Klavierkonzerts g-Moll op. 25.

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1851 heiratete Kate Loder den Arzt Henry Thompson und musste infolgedessen ihre Konzerttätigkeit zurückfahren, durfte aber weiterhin als Klavierpädagogin wirken. Hinzu kam 1853 eine Organistinnenstelle an der St. Peter’s Church in London. Und es entstanden auf diese Weise Orgelkompositionen. In London traf die Musikerin – inzwischen Lady Thompson – auf Persönlichkeiten wie Clara Schumann und Joseph Joachim. In der musikbegeisterten Hauptstadt liebte man vor allem die frei improvisierten Fantasien Loders über zeitaktuell populäre Opernthemen.

Ihr Ehemann Henry starb im Frühling 1904. Und Kate Loder nur wenige Monate später, am 30. August 1904, südlich von London, in Headley (Surrey).


Kate Loder (1825–1904)
Voyage Joyeux (1868)

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In allen von Kate Loder überlieferten Werken ist ein Klavier (beziehungsweise eine Orgel) mit im »Bild«. Loder komponierte eine Sonate für Klavier und Violine, ein Klaviertrio sowie unter anderem eine Glückliche Reise: Voyage Joyeux – in der Tonart A-Dur, die noch Ferdinand Gotthelf Hand 1837 in seiner Aesthetik der Tonkunst wie folgt charakterisierte: »A dur ist der Ton des Vertrauens und der Hoffnung, eines der liebe sich freuenden Herzens und der unbefangenen Heiterkeit. An Innigkeit überwiegt diese Tonart alle anderen, wenn weder Leidenschaftlichkeit die ruhige Hingabe stört, noch eine schmerzliche Sehnsucht die Reinheit des Glücks trübt.« 

In dem 1868 komponierten Stück werden wir von Beginn an wohlig eingehüllt in klavieristische Ströme begeisternden Beschreibens von Gefühlen. Ja, ein »Ton des Vertrauens« (und Gedenkens an den zu früh verstorbenen Felix Mendelssohn!), eine »unbefangene Heiterkeit«. Doch ballen sich diese Gefühle nach etwa 90 Sekunden auch ganz schön zusammen, aber dezent, äußerst geschmackvoll, ausgewogen – und klug! Ein herrliches Klavierstück, das man sehr gerne im Konzertsaal live hören wollen würde. ¶

... ist Konzertveranstalter, Moderator, Komponist und Pianist. Er gestaltet innovative Konzertformate, arbeitet als Musik-Satiriker, schreibt Stücke für Solist:innen und Ensembles und Texte für VAN, die Wiener Philharmoniker, die New York Philharmonics und die Bamberger Symphoniker. 2019 war er als Schauspieler an der Volksbühne zu erleben.