Cerignola (Provinz Foggia) liegt gewissermaßen ganz am hinteren oberen Ende vom »Absatz« des »Stiefels« Italiens. Hier, in der Region Apulien, wurde am 23. März 1934 Teresa Procaccini geboren. Offenbar führten frühe musikalische Wege in die Kirche – vom unteren Kirchenschiff auf die Empore, an die Orgelbank; und das in Italien, einem Land mit zwar großer Kirchengründungsgeschichte, in dem die Pflege von Orgelinstrumenten jedoch bei Weitem nicht die Bedeutung wie im deutschsprachigen Raum hat. Alle Orgelspielenden, die sich bei Italienreisen mal spontan an eine zufällig aufgesuchte Orgel gesetzt haben, werden schon einmal die Erfahrung ungläubigen Erstaunens gemacht haben – angesichts völlig verstimmter, vielleicht auch durch Verschleiß unstimmbar gewordener, tastenhaltspezifisch schier aus der Fassung fallender Instrumente. An so einem Instrument spielte Procaccinis Orgellehrer Fernando Germani (1906–1998) sicher nicht. Er war ein sehr bekannter Organist; ein Organist, der mit acht Jahren Schüler von Ottorino Respighi geworden war – und folglich auch komponierte! Orgelspielen bedeutet auch immer: Improvisieren! Und so erscheint es als durchaus möglich, dass auch kompositorische Aspekte beim Orgelunterricht Procaccinis eine Rolle spielten.
Procaccinis »richtiger« Kompositionslehrer wurde jedoch Virgilio Mortari (1902–1993), der später (1955–1959) Intendant am Teatro la Fenice in Venedig wurde und sich als Komponist eher epigonal-nostalgisch gab. Auch Teresa Procaccini arbeitete als »Funktionärin«, so war sie 1971 und 1972 Direktorin des Konservatoriums von Foggia. Bis zum Jahr 2001 unterrichtete sie Komposition an der Accademia di Santa Cecilia in Rom.
Für ihre Werke gewann Procaccini zahlreiche Preise und Auszeichnungen. Procaccini lebt (vermutlich) bis heute in Rom.
Teresa Procaccini (* 1934)
Viaggio a Las Vegas für Klavier und Orchester (1958)
Der Werkkatalog der Komponistin ist gut bestückt und vielfältig. Wir entdecken dort etwa ein Dutzend Orchesterwerke aus den Jahren 1956 bis 2004, äußerst viele Kammermusikstücke, Solo-Arbeiten, Vokalkompositionen sowie stattliche – und für das Schaffen einer Komponistin des 20. und 21. Jahrhunderts in dieser Zahl ungewöhnliche – 25 Werke für Solo-Instrument und Orchester. Im Alter von 24 Jahren (1958) legte Procaccini ihre Klavier-Orchester-Fantasie Viaggio a Las Vegas vor. Wir reisen also nach und durch Las Vegas! Angeregt hoppelt man los! Rhythmisch angeschärft. Wir hören Orchestergruppen lustig miteinander kommunizieren. Das macht großen Spaß, erinnert an Bernstein, Copland und andere liebe Kolleginnen und Kollegen. Vollgriffig und ebenso synkopenselig wie zuvor legt sich das Klavier in die Las-Vegas-Landschaft hinein. Echt gute Musik. Eine perfekte Alternative zu nun wirklich abgespielten Stücken wie Gershwins Rhapsody in Blue.¶