Cecilia Pereyra kam 1977 in Buenos Aires zur Welt. In ihrer Geburtsstadt studierte sie Gitarre und Komposition am Instituto Universitario Nacional del Arte (I.U.N.A.) und schloss dieses Studium 2010 ab. Im selben Jahr erhielt sie ein Stipendium, mit dem sie ihre Studien bei den mexikanischen Avantgarde-Komponisten Gerardo Gandini (1936–2013) und Marcelo Delgado (*1955) fortführen konnte.

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2011, ein Jahr nach ihrem Abschluss, probierte sich Pereyra – anlässlich eines Residenzstipendiums des TACEC-Zentrums des Theaters von La Plata – erstmals in Sachen Musiktheater aus. Hier entstand offenbar eine Mini-Oper, wie wir sie von dem Projekt »Neue Szenen« der Deutschen Oper Berlin her kennen.

Für mehrere ihrer Werke erhielt Pereyra bereits Preise. Aktuell lehrt sie als Dozentin am I.U.N.A. – ist also ihrer Geburtsstadt und dem Ort ihrer Ausbildung treu geblieben.


Cecilia Pereyra (* 1977)
Atolón (2016)

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2016 schrieb Pereyra Atolón – eine Komposition für acht Gitarren in zwei Gruppen. In eindrücklicher Multiplikation widmet sich die Argentinierin also gewissermaßen der fokussierten »Untersuchung« ihres eigenen klingenden »Werkzeugs«, »gemäß« der »Definition« Helmut Lachenmanns, nach der Komponieren »ein Instrument bauen« (beziehungsweise eben »analysieren«) bedeuten kann. Nur hier eben im Rahmen einer ungewöhnlichen »Vervielfachung« eines in der Neuen Musik seit einigen Jahren sonst eher solistisch mit Werken bedachten Instruments. In dieser Klangkörper-»Reihung« erinnert das abstrakt zunächst an Mathias Spahlingers Farben der Frühe (2005), jenem sinnlichen Stück Musik für sage und schreibe (und spiele!) sieben Klaviere, an dem der Komponist viele Jahre arbeitete: eine Reihung »ohne Not« (geboren also aus künstlerischem Freiheitsdenken heraus), ohne das »Erfordernis« einer gesuchten, auf »Ausgleich« zielenden »Klangverstärkung«. Das »orchestrale« Klavier: durch verdatternd aufwändige Vervielfachung gleichsam dialektisch »negiert«.

Tatsächlich darf man sich beim Hören von Atolón (Atoll) aber eher an die herrliche Abgefucktheit von Spahlingers Orchesterwerk passage/paysage (1989/90) erinnert fühlen. Große Teile des besagten Spahlinger-Werkes führen uns ein punktuelles Bartók-Pizzicato-Feld vor Ohren. Beim forcierten Zupfen der Saiten schlagen also diese gegen das Griffbrett. Ein extrem kurzes wie explosives Ton-Geräusch resultiert. Bei Pereyra erscheint diese Explosivität aber zugunsten einer sich völlig hingebenden Quasi-Meditation zurückgefahren. Das mal gemeinsame, mal »klappernde« Klackern der Gitarren greift nichts ins Mark, haut nicht »in die Fresse«, sondern präsentiert sich als zurückgelehnt. Materialien einer möglichen Katastrophe. Geordnet, notiert, sortiert. Völlig souveräne Musik, die in ihrem apodiktischen Gestus die Korpora der Gitarren als Nebeneffekt auch schwingen, nachhallen, nachdenken lässt. ¶

... ist Konzertveranstalter, Moderator, Komponist und Pianist. Er gestaltet innovative Konzertformate, arbeitet als Musik-Satiriker, schreibt Stücke für Solist:innen und Ensembles und Texte für VAN, die Wiener Philharmoniker, die New York Philharmonics und die Bamberger Symphoniker. 2019 war er als Schauspieler an der Volksbühne zu erleben.