Unter Verfechter*innen eines »freien Internets« wie auch unter Urheber*innen entbrennt momentan die Diskussion um einen neuen Gesetzesentwurf im Europaparlament. Der zuständige Berichterstatter, der EU-Abgeordnete Axel Voss von der CDU, verteidigt den Entwurf, der am 20. Juni 2018 vom Justizausschuss des Parlaments bestätigt wurde.Derlei Entwürfe werden meist positiv angenommen, führen also – nach Prüfung – zu konkreten Gesetzesverabschiedungen. Außerdem findet im Mai 2019 die Europawahl statt. Politiker*innen drängen deshalb verstärkt auf die Verabschiedung oder die Verhinderung des Gesetzes im Rahmen ihrer verbleibenden Amtszeit.Der Gesetzesentwurf sieht vor, Online-Plattformen mit nutzergenerierten Inhalten, wie beispielsweise Quasi-Monopolist Youtube, dazu zu verpflichten, durch »angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen« die Verbreitung nicht-lizenzierter Werke – Texte, Musik, Bilder, Videos – zu unterbinden. Der Begriff »Upload-Filter« findet sich in dem Gesetzesentwurf nicht ein einziges Mal, sondern ist in der Diskussion über den Themenkomplex entstanden – und wird entsprechend polemisch verwendet. Morgen, am 5. Juli, wird das Thema noch einmal aktuell im EU-Parlament behandelt.Um Licht ins Dunkel der Diskussion um Urheberrechte, Upload-Filter und Künstlertantiemen zu bringen, hat Arno Lücker sich mit Lilli Iliev und Micki Meuser getroffen. Iliev arbeitet für Wikimedia Deutschland e. V., den Verein hinter Wikipedia, der sich für freies Wissen im Web einsetzt. Meuser ist Komponist, Musikproduzent und Bassist und engagiert sich seit Jahren unter anderem als Vorsitzender der DEFKOM (Deutsche Filmkomponistenunion) und im Rahmen der »Initiative Kreativwirtschaft« im Bundeswirtschaftsministerium für die Belange von Musikautor*innen.

Der Upload-Filter. Informationsmaterial von Wikimedia Deutschland.
Der Upload-Filter. Informationsmaterial von Wikimedia Deutschland.

VAN: Lilli, skizziere doch einmal aus deiner Sicht, was im Falle der Verabschiedung des ›Upload-Filter-Gesetzes‹ passieren würde.

Iliev: Die große Sorge ist, dass dieses Gesetz in der jetzigen Form nicht nur die eigentliche Intention verfehlen, sondern einen ganz massiven Kollateralschaden für das ganze Internet – so wie wir es kennen – mit sich bringen würde. Es geht hier ja um die bessere Durchsetzung von Urheberrechten in der digitalen Welt. Da steht Wikimedia auf der Seite der Künstler*innen. Aber die Instrumente, um das zu erreichen, sind hier völlig falsch gewählt. Auch die Freiheit von Wikipedia ist durchaus gefährdet. Nicht nur wir, sondern eine breite Allianz von Akteur*innen befürchten gravierende Eingriffe in die Informations- und Meinungsfreiheit, sollte der Gesetzesentwurf von Axel Voss Erfolg haben. Das steht in keinem Verhältnis zu der rechtlichen Stärkung der Verwertungsgesellschaften gegenüber den großen Netzkonzernen.

Meuser: Wir müssten da wirklich ins Detail gehen, aber ich glaube, dass Lillis Befürchtung nichts mit dem zu tun hat, was wir von dem Gesetz erwarten können. Es geht nicht um die Gefährdung von Meinungsfreiheit. Ich kenne die Richtlinie seit sie im September 2016 erstmals veröffentlicht wurde und habe alle Änderungen der Formulierungen mitverfolgt. Der Entwurf, der ja demokratisch entstanden ist, bringt eine sehr ausgewogene, smarte Art zu regulieren mit sich. Wikimedia zum Beispiel ist, siehe Artikel 1 und 2, ausdrücklich nicht betroffen. Das ist ja auch in Ordnung. Der Wissensbereich, Universitäten und so weiter, wird ausgespart. Das wollten vielleicht ein paar Politiker*innen nicht. Wir schon. Was für uns wichtig ist – und da sehe ich nicht die Unterscheidung von bekannten und noch nicht so bekannten Künstler*innen: Wir erleben seit Jahren, dass unsere Wertschöpfung, also das, für das wir bezahlt werden sollten, von der Kultur- und Kreativwirtschaft in die IT-Branche abwandert, sprich: auf Internet-Plattformen stattfindet. Google hat im Jahr 2017 in Europa mit Youtube 23 Milliarden Euro Umsatz gemacht – mit diesen kulturellen Werken. Es wäre doch deutlich angemessen, wenn wir einen Anteil davon bekommen würden. Da gibt es jetzt schon eine freiwillige, fast mäzenenartige Haltung von Youtube, die uns in einem Vertrag, den die GEMA geschlossen hat, einen Anteil zugesteht. Wahrscheinlich, um eine Präjudiz zu schaffen, was ja auch in Ordnung ist. Wir brauchen aber kein Mäzenatentum, sondern eine Rechtsgrundlage. Für mich ist zunächst mal das Wichtigste, dass in Artikel 13 des besagten Gesetzentwurfes gesagt wird, wie diese Rechtsgrundlage aussieht: Die Lizenzierung von Inhalten ist eine der Möglichkeiten. Und wenn keine Lizenzierung gewünscht wird, dann soll eine Blockierung stattfinden. Ganz wichtig für uns ist: Wir Kreativen, wir schaffen für euch, für die Menschen! Wir wollen nicht blockieren! Ich will die Fans der von mir produzierten Ina Deter, die irgendetwas von ihr hochladen, nicht bestrafen. Ich will nur auch für solche Fälle Rechtssicherheit haben. Youtube sagt, es gibt das System der ›Content ID‹, wir haben ein System namens ›Soundmouse‹ – und die Systeme erkennen diese Inhalte. Das alles betrifft den Artikel 13 des Gesetzentwurfes, den ich begrüße. Dann hätten nämlich auch die User*innen Rechtssicherheit und können hochladen, was sie wollen und Youtube beteiligt die Kreativen in einem zu verhandelnden Rahmen. Youtube hätte dabei in Europa ebenfalls Rechtssicherheit.

Iliev: Du sagst, es würde eine Rechtsgrundlage geschaffen. Das ist falsch.

Meuser: Nein.

Iliev: Es wird jetzt ein Gesetz gemacht, das das Schadensersatzhaftungsrisiko von Youtube quasi hochschrauben soll.

Meuser: Nein, es geht um eine Rechtsgrundlage.

Iliev: Das ist keine Rechtsgrundlage, sondern eine Modifikation der Machtverhältnisse.

Meuser: Bis jetzt muss ich als jemand, von dem 5.000 Videos mit meinen Werken auf Youtube kursieren, die User*innen, die Fans verklagen.

Iliev: Richtig.

Meuser: Wenn die gesetzliche Richtlinie nicht durchkommt, dann würden wir mit ganz vielen anderen Komponist*innen zusammen an die besagten User*innen herantreten. Wir würden damit unsere Fans bestrafen, weil uns Youtube erpresst! Anders geht es dann nicht. Es geht wirklich nur um Rechtssicherheit für alle.

Iliev: Ich würde nicht von ›Rechtssicherheit‹ sprechen, sondern von einer kleinen Anpassung, die, wie gesagt, die rechtliche Verhandlungsposition der Verwerter*innen und der Urheber*innen gegenüber den Netzkonzernen – es sind ja im Wesentlichen Youtube, also Google und dann noch Facebook – stärken soll. Das ist natürlich ein unterstützenswerter Zweck, der aber eben nicht alle Mittel heiligen darf. Mit Upload-Filtern würden sehr viele Inhalte im Netz gar nicht erst sichtbar, da sie vor dem Upload durch ›Overblocking‹ ausgefiltert würden. Das ist ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Wissensverbreitung im Netz.

Meuser: Es gibt überhaupt keine Upload-Filter in der Richtlinie.

Iliev: Das Wort wird nicht benutzt, aber es ist ja klar, was dahinter steckt.

Meuser: ›Measures› ist der Begriff in der Richtlinie…

Iliev: Es geht um geeignete Maßnahmen zum Erkennen und Löschen von unliebsamen oder urheberrechtlich geschütztem Material. Mitarbeitende von Plattformen können es rein zahlenmäßig überhaupt nicht leisten, alle Uploads zu sichten, geschweige denn auf Rechtmäßigkeit zu prüfen. Es ist ganz klar eine Filter-Software gemeint…

Meuser: …die es schon gibt!

Iliev: Richtig. Bei Youtube heißt die ›Content ID‹. Bei Facebook wird so ein System ebenfalls bereits genutzt. Es gibt schon jetzt viele Fälle, anhand derer klar wird, dass diese Filter-Software nicht so funktioniert, wie sie funktionieren soll.

Meuser: Das ist ein Software-Problem!

Iliev: Die Technik kann es bisher gar nicht leisten, die Inhalte richtig zu erkennen!

Meuser: Auf einmal! Erst heißt es, die Konzerne hätten Filtersysteme – und jetzt soll die Technik es nicht leisten können!

Lasst uns nicht über die Technik streiten… Wir sitzen ja hier im Auftrag eines Musikmagazins, das vor allem von jüngeren Menschen – auch von Komponist*innen, Mashup-Künstler*innen und so weiter – gelesen wird. Und ihr beide seid für die angemessene Vergütung von Urheber*innen. LiLli, was ist denn, um mal eine Annäherung zu versuchen, für dich an dem Gesetzesentwurf gut?

Iliev: Gut ist die ursprüngliche Idee, Urheber*innen im digitalen Zeitalter angemessen zu honorieren. Schlecht ist völlig falsche Wahl des Instruments dieser EU-Richtlinie.

Wie müsste denn ein besseres Instrument aussehen?

Iliev: Das große Ärgernis für uns ist, dass die gesamte Diskussion nur um diese Upload-Filter-Software geht. Es gibt ja Alternativen, aber die werden von der Politik gar nicht diskutiert. Was dahinter steckt: ›Nein, wir wollen jetzt diese Filter haben!‹ Es braucht nicht viel Phantasie, sich vorzustellen, dass es mit dieser Infrastruktur auch anderen unliebsame Inhalten an den Kragen gehen könnte. Das kündigt sich alles schon an und in der gegenwärtigen politischen Entwicklung ist das brandgefährlich. Somit könnten beispielsweise Äußerungen von politisch unliebsamen Personen rausgefiltert werden. Was jeweils etwa als Propaganda definiert wird, das entscheiden dann die entsprechenden Staatsoberhäupter. Es müssten stärker Alternativen zum Upload-Filter diskutiert werden. Es braucht mehr Partizipation und Transparenz in der Mitarbeit der Urheber*innen. Stattdessen wird aber gesagt: ›Wir installieren jetzt diese Software. Vertraut uns mal, das klappt schon alles!‹

Micki, ist es vielleicht so, dass ihr euch als Urheber*innen derart abgehängt fühlt, dass ihr euch jetzt gerade auf diese neue EU-Richtlinie stürzt? Projiziert ihr möglicherweise in diesen Gesetzesentwurf etwas hinein, das ihr auf anderer Ebene – natürlich auch durch die Unfähigkeit vieler Politiker*innen im Zusammenwirken mit der Hilflosigkeit im Umgang mit Groß-Kapitalisten wie Google und Facebook – politisch noch nicht erreichen konntet?

Meuser: Wir erreichen gar nichts politisch, weil wir zu klein sind. Wir werden von Organisationen wie Google plattgedrückt. Und wir haben nun diese Diskussion, die sich auf Begriffe wie ›Zensur‹ und ›Filter‹ eingeschossen hat. Dadurch ist es durch Personen wie Sascha Lobo dann möglich, die Öffentlichkeit einfach falsch zu informieren. Eine Desinformationskampagne. Das ist die Macht der großen wirtschaftlichen Strukturen! Eine ganze Gesellschaft bekommt eine Gehirnwäsche von zwei, drei großen Monopolen. Wir hören seit zwanzig Jahren Lippenbekenntnisse! In dieser Zeit haben ganz viele Kolleg*innen ihre Existenzgrundlage verloren. Das Geld landet bei den großen Internetkonzernen. Die lachen sich ins Fäustchen, stecken das Geld ein – und erzählen uns dann, wir hätten das digitale Zeitalter verschlafen. Deswegen brauchen wir jetzt etwas! Wenn das jetzt wieder totdiskutiert wird, dann wird die kulturelle Vielfalt – streiken können wir ja leider nicht! – zusammenschrumpfen.

Aber kann es sein, dass wir uns in der Diskussion auch bei diesem Thema vom Trumpismus, von der digitalen Schreierei da draußen, so einnehmen lassen, dass wir uns zum Beispiel über gute Ideen zur Vergütung von Künstler*innen gar nicht mehr wirklich unterhalten? Ich spüre diese allgemeine VerHärtung auch in dieser Diskussion.

Iliev: Ich verstehe ja die Dringlichkeit der Urheber*innen. Und genau diese seit langem bestehende Dringlichkeit von Künstler*innen trifft auf unkundige Politiker*innen!

Meuser: Richtig.

und nur ein oder zwei Politiker*innen haben sich wirklich mit Urheberrechtsfragen beschäftigt, so scheint es…

Iliev: Genau. Aber man kann wegen dieser besagten Dringlichkeit jetzt nicht plötzlich die Scheuklappen anlegen.

Meuser: Es geht nicht um Scheuklappen! Wir haben ja im Detail an der Ausgewogenheit gearbeitet!

Iliev: Zurück zu dem, was du gerade gesagt hast. Du sprichst von ›Gehirnwäsche‹. Kann das wirklich sein? Es gibt viele kompetente Leute, die – die Staatsministerin für Digitalisierung eingeschlossen – seit Aufkommen dieses Gesetzentwurfes vor zwei Jahren ›Stopp!‹ rufen. Es kann nicht im Sinne der Kreativen sein, dass diese nicht mehr frei mit dem Material im Internet umgehen dürfen. Das kannst du doch nicht so wegwischen, Micki! Axel Voss ignoriert die Leute, die er eigentlich vertreten sollte – und wischt das Ganze als ›Fake News‹ beiseite. Das ist eine besorgniserregende Entwicklung.

›Fake News‹ zu behaupten, das ist wohl das einzige öffentlichkeitswirksame Gegenargument unserer Zeit…

Meuser: Das sind aber ›Fake News‹!

Iliev: Das sind unkundige Politiker*innen, die von Lobbyisten gehirngewaschen werden!

Meuser: Ja, natürlich – und zwar von den Lobbyisten von Google und Co.!

Iliev: Wir brauchen einen anderen Ansatz. Vielleicht so etwas wie ein ›öffentlich-rechtliches Internet‹.

Meuser: In zehn Jahren bekommen wir das nicht hin!

Iliev: Aber die Uhr des digitalen Zeitalters wird sich ja nicht zurückdrehen. Die Kultur des Tauschens und Teilens im Internet ist nicht einfach abschaltbar. Okay, du nennst es ›Piraterie‹…

Meuser: Ja.

Iliev: Wir müssen uns überlegen, wie wir in der digitalen Welt die wirtschaftliche Absicherung von Künstler*innen mit der Gewährleistung von Kunstfreiheit im Netz vereinbaren können. Und das wird mit dem von uns diskutierten Gesetzesvorschlag überhaupt nicht eingelöst!

An diesem Punkt waren wir schon…

Meuser: Aber genau darum geht es! Kunstfreiheit entsteht ja da, wo Künstler*innen von ihrer Kunst auch leben können! Dann kann sie oder er verrückte Sachen machen. Und meiner Ansicht nach könnten schätzungsweise 120 Millionen Euro mittels dieses Gesetzes an deutsche Künstler*innen gehen. Von Plattformen, die 23 Milliarden machen. Okay, diese Zahl betrifft ganz Europa. Aber es ist ja klar, was gemeint ist. Ich muss dir widersprechen. Für mich hat das Gesetz nichts mit einer Beschränkung der Meinungsfreiheit zu tun. Es gibt in dem Entwurf so viele Ausnahmen, im Wissensbereich, im Bereich der Internet-Memes und so weiter.

Iliev: Nein! Lass uns das Meme-Beispiel ruhig nehmen. Stellen wir uns ein Game-of-Thrones-Meme-Video vor. Wie kann eine Upload-Filter-Software erkennen, ob es sich dabei um eine erlaubte Parodie handelt oder ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt?

Meuser: Der Filter wird erst einmal erkennen, dass dort die Musik von meinem lieben Kollegen Ramin Djawadi verwendet wird.

Iliev: Richtig – und die eigentliche kreative Leistung in diesem Meme-Video wird nicht sichtbar.

Meuser: Nein. Das läuft anders. Das entsprechende Video mit der Musik von ›Game of Thrones‹ bekommt Klicks. Derartige Fälle haben wir ja schon. Wenn mit fremder Kunst Millionen verdient wird, dann beschäftigen sich bald Gerichte damit. Wenn wenig Geld im Spiel ist, dann sagen alle: ›Wie lustig!‹ Memes und Mashups sind immer möglich! Früher hieß das halt ›Potpourri‹. Wenn damit viel Geld verdient wird, dann schalten sich die Urheber*innen ein, selbstverständlich.

Iliev: Aber damit hast du nicht meinen Einwand entkräftet, nach dem eine Filter-Software diese Ausnahmefälle eben nicht erkennt! Das alles wird einfach im Internet nicht erscheinen. Das ist eine sehr große Schwäche des Gesetzentwurfes.

Meuser: Aber Memes und so weiter sind explizit ausgenommen!

Iliev: Es erscheint gar nicht online, weil es im Vorhinein schon herausgefiltert wird! Die Filter können diese speziellen Ausnahmen nicht erkennen. Dazu kommt das ›Overblocking‹. Es wird in ganz großem Stil alles geblockt, was entsprechend indiziert ist.

Meuser: Das stimmt nicht.

So sieht es aus, wenn man von Youtube wegen einer Urheberrechtsverletzung Post bekommt.
So sieht es aus, wenn man von Youtube wegen einer Urheberrechtsverletzung Post bekommt.

Vielleicht kann ich da mal einhaken. Ich habe am 13. Juni eine Content-ID-Mail von YouTube bekommen, weil ich mir für eine Art von Mashup von einem YouTube-Kanal die schwedische Nationalhymne genommen und ›neu übersetzt‹ habe. Das ist aber das erste Mal überhaupt. Die Mail besagt sinngemäß nur, dass ›Naxos of America‹ mit an einem möglichen Gewinn beteiligt sein möchte falls die Zugriffszahlen so hoch sind, dass eine Monetarisierung stattfindet. Die Frage ist doch, ob bestimmte Inhalte tatsächlich gar nicht erst hochgeladen werden können.

Ein anderes Beispiel: Nehmen wir an, jemand hat – möglicherweise mit aufklärerischer Intention – ein Video, das Täter und Opfer von Menschenrechtsverletzungen in einem Kriegsgebiet zeigt, mit der Musik von ›Game of Thrones‹ unterlegt und will das auf YouTube hochladen…

Meuser: Wird das dann geblockt wegen des für Einige unliebsamen politischen Inhalts oder wegen der Musik?

Das ist genau meine Frage.

Iliev: Wie gesagt: Diese Fragen werden doch gar nicht mehr diskutiert, weil die Inhalte gar nicht erst erscheinen.

Meuser: Noch einmal: das stimmt nicht.

Iliev: Aber du hast doch gerade selber gesagt, dass bei einem Upload im Hintergrund gecheckt wird, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt oder nicht.

Meuser: Aber das passiert doch jetzt schon! Und es funktioniert, wenn es Urheberrechtsverletzungen betrifft. Es findet ein Check statt, der dann auch verhindert, dass meine Musik politisch missbraucht wird. Es geht also im Grunde nur um die Filter, die schon da sind. Und da wird es mit dem Gesetz nun endlich Rechtssicherheit geben.

Iliev: Letztlich geht es aber nicht um kleine und größere Beschwerden. Wir sehen jetzt bereits, wie es laufen kann. Die feministische Initiative ›Pinkstinks‹ hat vor vier Monaten mit jungen Schülerinnen das Musikvideo ›Not Heidis Girl‹ als Protest gegen die Sendung ›Germany’s Next Top Model‹ ins Netz gestellt. Die Beteiligten waren in einer RTL-Show zu Gast. Und das Video genau dieses Berichtes wurde dann von Youtube herausgefiltert, weil die Filtersoftware Content von RTL zu erkennen glaubte. Deswegen ist diese Aktion nie so richtig viral gegangen, weil das Video, kurz bevor es eine breite Öffentlichkeit bekommen hätte, gelöscht werden musste. ¶

... ist Konzertveranstalter, Moderator, Komponist und Pianist. Er gestaltet innovative Konzertformate, arbeitet als Musik-Satiriker, schreibt Stücke für Solist:innen und Ensembles und Texte für VAN, die Wiener Philharmoniker, die New York Philharmonics und die Bamberger Symphoniker. 2019 war er als Schauspieler an der Volksbühne zu erleben.