Mondäne Partys auf Staatskosten, Theaterimperien und das heißbegehrte, manchmal lebensnotwendige Oligarchengeld – Liudmila Kotlyarova hat in der Schmutzwäsche der russischen Kulturszene gewühlt und erklärt deren Finanzierungsmechanismen.

Es gibt diese Events, die nicht nur peinlich sind, sondern auf denen man sich regelrecht fremdschämt. Wie beim »BraVo« – der Preisverleihung für internationale Popmusik und klassische Kunst, die Anfang März erstmals in Moskau stattfand, und deren Name eigentlich nur ironisch gemeint sein kann. Der Klassik-Teil des bunten Spektakels erinnerte an eine Mischung aus Oscar-Verleihung und Eurovision Song Contest.

»Ich ging zum Bolschoi-Theater und sah, wie Beamte und Stümper, versteckt hinter den Namen talentierter Leute, sich auf Kosten staatlicher Unternehmen amüsierten«, schrieb danach Theaterblogger Inner Emigrant. Er resümierte: »Besser wäre es gewesen, sie hätten gleich mit einer großen Kanone Geld vom Theaterplatz in den Himmel geschossen.«

Anna Netrebko, Svetlana Zakharova, Chibla Gersmawa, Dmitri Tcherniakov, Dmitri Hvorostovsky (postum) – das Kulturministerium wollte alle großen russischen Stars versammelt haben. Viele von ihnen haben noch auf der Bolschoi-Bühne geglänzt, die man extra aufgemotzt hatte, damit sie so protzig wie möglich erscheint, was den Eindruck einer Provinzveranstaltung nur verstärkte.

Daneben schmuggelte man irgendwie Sumi Jo, Seiichi Furukawa, Liang Li und Amartuvshin Enkhbat ein, außerdem liefen einem José Carreras und Rod Stewart über den Weg, und Vincent Cassel durfte den Preis an Svetlana Zakharova übergeben, weil er in »Black Swan« den manipulativen Choreographen gespielt hatte.


Vanity Fair auf Staatskosten

Die Veranstaltung, die vom Kulturministerium und ein paar anderen Behörden unterstützt und vom russischen Staatskonzern Rosneft sowie dem Amt für Tourismus und Kultur Abu Dhabi finanziert wurde, wirft viele Fragen auf.

Nehmen wir alleine das Zustandekommen der Ergebnisse der Preisverleihung. Zunächst versprachen die Veranstalter eine transparente Abstimmung, zu der Experten aus ganz Russland hinzugezogen werden sollten. Stattdessen entschied schließlich eine Jury über die Gewinner, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Um die Skeptiker zu besänftigen, las Kulturminister Wladimir Medinski direkt von der Bühne einen Gruß von Wladimir Putin vor. Darin hieß es, »das Kriterium für die Nominierung sei die Bewertung der Darstellungskompetenz durch die Zuschauer« gewesen. Allein, auf welchem Wege eine solche Bewertung stattgefunden hatte und in die Entscheidung eingeflossen war, blieb unklar. Außerdem seien »Verkaufszahlen von Platten, Auszeichnungen und sogar die Anzahl der Klicks im Internet« berücksichtigt worden. Das ließ die meisten zu dem Schluss kommen, dass es sicher keine Expertenjury gegeben hatte.

Billiger Luxus, Lobeshymnen auf die Sponsoren und staatlichen Gönner, dazu eine Horde geladener Gäste und Moderatoren, die die weltberühmten Namen falsch aussprechen – so fiel die Bilanz der Verleihung aus. Immerhin: Brindis aus La Traviata, gesungen von Anna Netrebko und ihrem Ehemann Yusif Eyvazov, markierte den Glanzpunkt des Konzertprogramms. 

Diejenigen, die mit der staatlichen Kulturagenda in Russland vertraut sind, wundern sich über solche Veranstaltungen nicht mehr. Nur: Sich daran zu gewöhnen, fällt immer noch schwer. Du bist ein guter Künstler, wenn du viel verdienst und möglichst viele Zuschauer erreichst. Für den »BraVo«-Preis, so war auf der offiziellen Webseite zu lesen, können jene Künstlerinnen und Künstler nominiert werden, die das Potential haben, »3 Milliarden Zuschauer zu erreichen«. In einem Staat, in dem die Kultur – egal ob die ernste oder die unterhaltende – auf legislativer Ebene immer noch zum Dienstleistungssektor gehört, heißt mehr besser.

Detailfragen erübrigen sich, wenn man herausfindet, wer die Preisverleihung organisierte: eine GmbH mit dem Namen »Korporation Weiße Nächte Sankt Petersburg«, deren Besitzer der in mehrere Finanzskandale verwickelte Musikproduzent Vladimir Kiselev ist. Jahrelang war er Direktor des staatseigenen und 2008 aufgelösten Unternehmens »Kremlin«, das für staatliche Funktionäre Konzerte mit Weltstars veranstaltete. 2011 organisierte er über die unbekannte gemeinnützige Stiftung »Föderation« ein Benefizkonzert in Sankt Petersburg mit Hollywoodstars und dem damaligen Premierminister Wladimir Putin. Die Kinderkrankenhäuser, denen die Erlöse aus dem Konzert eigentlich zugute kommen sollten, warteten vergeblich auf ihr Geld, doch der dazu anhängende Gerichtsprozess wurde bald geschlossen. Noch früher – in den wilden 1990ern – war Kiselev Teil einer organisierten kriminellen Gruppe um Alexander Malyschew, den ehemaligen Oberpaten der Sankt Petersburger Mafia.

»Diese schöne protzige Veranstaltung ist nicht mein Format, denn ich komme aus der Provinz«. Teodor Currentzis empfängt den Preis für den »Dirigenten des Jahres« von Rod Stewart.
»Diese schöne protzige Veranstaltung ist nicht mein Format, denn ich komme aus der Provinz«. Teodor Currentzis empfängt den Preis für den »Dirigenten des Jahres« von Rod Stewart.

Doch für die Veranstalter interessierte sich auf der »BrAvo«-Verleihung ohnehin niemand. Stattdessen gab es tosenden Applaus für Teodor Currentzis, der als »Dirigent des Jahres« und für »das beste Orchester« ausgezeichnet wurde. In seiner Dankesrede erwähnte er beiläufig: »Diese schöne protzige Veranstaltung ist nicht mein Format, denn ich komme aus der Provinz«. Subtile Kritik oder respektvolle Ehrfurcht? Dann lud er alle nach Perm ein und fügte hinzu: »Ich denke, dass man bei unserer Arbeit da auf den guten Geschmack setzt.« In Fankreisen fragte man sich, ob es für Currentzis überhaupt in Ordnung gewesen sei, den Preis anzunehmen. »Er war halt brav und ging hin. Die neue Bühne baut sich nicht von allein auf«, schrieb einer, und bezog sich dabei auf die geplante neue Bühne des Permer Operntheaters. Deren Bau wird bereits seit 2013 versprochen, aber wegen fehlendem regionalen Budget und Mängeln am Bauplan immer weiter hinausgezögert.

Waleri Gergijew hingegen hat sich längst alles Mögliche aufgebaut, weshalb es für ihn Anfang März viel spannender war, bei Putins Wahlkampf-Auftritt »Für ein starkes Russland« im Moskauer Luschniki-Stadion dabei zu sein statt bei aufschneiderischen Preisverleihungen oder – wie ursprünglich geplant – im Sankt Petersburger Mariinsky-Theater Wagners Siegfried zu dirigieren. Das Dirigat übergab er wegen der Terminkollision kurzerhand an Christian Knapp und wurde dafür kritisiert – allerdings nur von einigen wenigen bescheidenen Kunstliebhabern. Dass der Vertrauensmann des Präsidenten, na ja, »an seiner Seite« sein wollte, wie viele andere Popstars, Schauspieler und Sportler, erschien den allermeisten plausibel.

»Wir haben unsere große Kunst bewahrt. Ich bin stolz auf unser Land, ich bin stolz auf unseren Präsidenten Wladimir Putin.« Waleri Gergijew in seiner Rede auf der Wahlkampfveranstaltung von Wladimir Putin im Luschniki-Stadion am 3. März 2018. Hier im Bild zu sehen mit Regisseur Wladimir Maschkow, Rapstar Timati, und dem Vorsitzenden des Wehrausschusses der Staatsduma Wladimir Schamanow • Foto © Michail Metzel TASS
»Wir haben unsere große Kunst bewahrt. Ich bin stolz auf unser Land, ich bin stolz auf unseren Präsidenten Wladimir Putin.« Waleri Gergijew in seiner Rede auf der Wahlkampfveranstaltung von Wladimir Putin im Luschniki-Stadion am 3. März 2018. Hier im Bild zu sehen mit Regisseur Wladimir Maschkow, Rapstar Timati, und dem Vorsitzenden des Wehrausschusses der Staatsduma Wladimir Schamanow • Foto © Michail Metzel TASS

Vielleicht lieber wie Gergijew?

Waleri Abissalowitsch Gergijews Talent, sich mit einflussreichen Menschen anzufreunden, kann man nur beneiden. Darunter sind neben Putin seit langem der Sberbank-Chef Herman Gref und der ehemalige Finanzminister Alexej Kudrin. Und Vitamin B lohnt sich: Gref und Kudrin wurden 2003 Kopräsidenten der so genannten Gergijew-Stiftung, deren Kuratorium etwa 40 Personen umfasst, darunter Milliardäre wie Gennadi Timtschenko und Alischer Usmanov, sowie die Topmanager der VTB-Bank und des Stahlkonzerns Severstal. Mit einem durchschnittlichen Beitrag von etwa 500.000 US-Dollar pro Kuratoriumsmitglied werden ungefähr 20 Millionen US-Dollar pro Jahr generiert. Zum Kuratorium zu gehören ist ehrenhaft – und nützlich, für die kurzen politischen Dienstwege: Kudrin zufolge trifft sich das Kuratorium einmal im Jahr mit Wladimir Putin.

Wofür aber das ganze Geld? Für ausländische Tourneen, für die Sammlung von einzigartigen Musikinstrumenten, Gergijews eigenes Tonstudio und das Label »Mariinsky«; außerdem finanzierte Gergijew damit zu Zweidritteln den Bau der Konzerthalle Mariinsky-3 und organisiert zwei jährliche Festivals, die »Sterne der Weißen Nächte« und das »Moskauer Osterfest«, die vom Staat mitfinanziert werden. Sogar die Theatersubventionen vom Kulturministerium sowie die Honorare, die dem Orchester des Mariinsky-Theaters für seine Tourneen bezahlt werden, gehen nicht auf das Konto des Theaters, sondern direkt auf das der Stiftung ein. Jahresabschlüsse veröffentlicht die Stiftung freilich keine, obwohl sie per Gesetz eigentlich dazu verpflichtet wäre.

»Wie, so viel Geld für solch eine Hässlichkeit?« Die Mariinsky Bühnen 1 und 2 in Sankt Petersburg • Foto © Flamp.ru
»Wie, so viel Geld für solch eine Hässlichkeit?« Die Mariinsky Bühnen 1 und 2 in Sankt Petersburg • Foto © Flamp.ru

Mit Zähneknirschen baute man außerdem auf Gergijews Wunsch die Bühne Mariinsky-2 auf, die den Staatshaushalt letztlich 22 Milliarden Rubel kostete. Der ursprüngliche Kostenplan stieg innerhalb von neun Baujahren um das Zweifache. Erst gegen Ende der Bauarbeiten regte sich in Sankt Petersburg Widerstand, denn das neue Gebäude passte nicht in das historische Stadtzentrum und ähnelte eher einem Einkaufszentrum als einem Theater. Der Direktor der Eremitage Michail Piotrowski fragte: »Wie, so viel Geld für solch eine Hässlichkeit?«

Und Gergijews Reich wurde immer größer: 2016 wurde die bisher unabhängige Theaterbühne in Wladiwostok, 2017 das ebenso selbständige Theater in Wladikawkas dem Mariinsky-Theater zugeschlagen.

»Wir mussten lernen, uns zu verständigen – mit Sponsoren und dem Staat«, erklärt Gergijew die Früchte seiner Talente. Es ist freilich leichter zu verhandeln, wenn man künstlerischer Leiter eines riesigen Theaters und einer weltberühmten Kulturmarke ist, deren »Zuschauerpotenzial bis zu drei Milliarden« umfasst und die sich für die »Kulturförderung beim Massenpublikum« engagiert, wie es öffentlichkeitswirksam proklamiert wird. Und – ein Traum des russischen Kulturministeriums – sie verdient Geld: allein 2015 machte das Mariinsky-Theater einen Reingewinn von 800 Millionen Rubel.  Gergijew, der permanente Top-Verdiener unter russischen Kulturakteuren, verdiente 2017 150 Millionen Rubel. Zu seinem Vermögen gehört die für einen Freundschaftsdienst erhaltene 15-prozentige Beteiligung an der russischen Truthahnfirma »Eurodon«: Gergijew machte mal dessen Gründer Wadim Wanejew mit dem Vorsitzenden der VTB-Bank Wladimir Kostin bekannt.

»Wenn du willst, dass etwas in Gang kommt, wende dich an den meist beschäftigten Mann«, scherzte Gergijew einmal. 2013 schlug er dem Präsidenten vor, die Allrussische Chorgesellschaft (ACG) wiederzubeleben und wurde Leiter der gemeinnützigen Vereinigung, die regelmäßig Ausschreibungen für staatliche Subventionen gewinnt. So gewann 2013 Gergijews Vorschlag, einen Kinderchor auf die Abschlussfeier der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi vorzubereiten – ein Vergnügen, das 150 Millionen Rubel kostete. 2014 entlohnte man die ACG mit 8,4 Millionen Rubel für eine Aufführung auf der Krim. Da dürfte es nicht überraschen, Gergijews Gesicht seit einiger Zeit in Werbespots von Gazprom zu sehen – denn der weltbekannte Maestro macht so viel für die Kultur des Landes und soll es im Ausland vertreten. Im Gazprom-Sponsorenfilm zur UEFA-Champions-League, deren Hauptsponsor der Konzern ist, ist Gergijew zusammen mit dem »Volkskünstler Russlands« Denis Matsuev, zu sehen, ein weiterer Vertrauensmann des Präsidenten. Seit 2011 erhalten dessen Irkutsker Festivals »Stars on Baikal« und »Weihnachtstreffen« eine Dauerförderung durch die GmbH »Gazprom Bergbau Irkutsk«.


Wo der Staat versagt

Wer nicht mit dem Staat direkt verhandeln will, hat es schwieriger. Dann bleibt die Geschäftswelt als Alternative, wo neben professionellen Errungenschaften vor allem internationale Bekanntheit zählen.

Ende 2017 wurde Sberbank Hauptsponsor von musicAeterna und des Permer Diaghilev Festivals 2018. Zuvor wurde das Ensemble hauptsächlich vom regionalen und privaten Erdgasproduzenten Novatek finanziert. Der Konzernbesitzer und Milliardär Leonid Michelson konnte es sich leisten, das ganze Orchester zum Auftritt auf die Biennale in Venedig 2017 einzuladen, wo er eine Ausstellung mit Bildern von russischen Künstlern organisiert.

Garage • Foto © www.culture.ru
Garage • Foto © www.culture.ru

Auch Roman Abramowitsch, ein leidenschaftlicher Ballet- und Diana-Vishneva-Verehrer, zeigt sich ab und zu an Projekten des berühmten Griechen interessiert. Bisher spezialisierte sich der Oligarch und eifrige Kunstsammler hauptsächlich auf zeitgenössische bildende Kunst – wobei der Höhepunkt seines Interesses auf wirtschaftlich bessere Zeiten zurückgeht, in denen die Ölpreise noch stiegen. So schuf Abramowitsch 2008 in Moskau das größte unabhängige Kulturzentrum und Museum »Garage«, das ihn etwa 50 Millionen Euro kostete. Nur ein Jahr zuvor verwandelte der Investmentmagnat Roman Trotsenko die alten Fabrikgebäude in der Mitte Moskaus ins Zentrum der zeitgenössischen Kunst »Winzavod« [Weinbetrieb]. Dort veranstaltete 2011 der derzeit immer noch unter Hausarrest stehende Kirill Serebrennikov zusammen mit Sergej Newski und Teodor Currentzis das ehrgeizige Projekt »Plattform«, eine Kombination aus Theater, Tanz, Musik und Medien. Damals bemühte sich der alte Kulturminister Alexander Awdejew noch darum, eine größere staatliche Förderung der zeitgenössischen Kunst zu erringen. Heute könnte man sagen, dass das eigentliche Leben der Kunst hauptsächlich auf den privaten Initiativen einzelner Wohltäter basiert, während der Staat Kurs auf die Konservierung alter Traditionen nimmt.

2009 setzte man in Moskau mit dem Geld der Milliardäre Alexander Mamut und Sergei Adonjew das wohl bekannteste unter den modernen Projekten um – das Institut für Medien, Architektur und Design mit dem Namen »Strelka«, zu deutsch »der Pfeil«. Heutzutage ist es eine der besten Architekturschulen der Welt, deren Jahresbudget etwa 10 Millionen US-Dollar beträgt.

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Ob die Mäzeninitiativen der russischen Milliardäre von der selbstlosen Liebe zur Kunst getrieben werden, ist zu bezweifeln. Im »Zentrum für politische Konjunktur«, einer Moskauer Denkfabrik, glaubt man, die Geschäftswelt investiere Geld lieber dann, wenn wichtige Geschäfte abgeschlossen werden, die guter PR bedürfen. Für Alexander Mamut, einen Verleger und Buchhändler sowie Funktionär in Unterhaltung und Film, sei demnach die »Strelka« gut als Promotion-Tool seiner Geschäfte geeignet. Auf ähnliche Weise muss Roman Abramowitsch in Russland, wo er viel Vermögen hat, ein positives Image pflegen. Vor kurzem rekonstruierte er für mindestens 400 Millionen US-Dollar die Insel Neues Holland in der Nähe des Mariinsky Theaters in Sankt Petersburg.   

Foto © A.Savin, Wikimedia Commons
Foto © A.Savin, Wikimedia Commons

Obwohl der historische Ort, abgesehen von der Kunstgalerie und der Musikszene, Boutiquen und Restaurants bekam, gilt es eher als Geschenk an die Stadt, als ein vollwertiges Business-Projekt. Und solange ähnliche Projekte den Geschmack und die Interessen der Stadtbewohner treffen, ist die Frage nach der Motivation der Initiatoren sekundär. Schade nur, dass sich die Musik nicht an die Wand hängen lässt.

Dabei ist die weitere Entwicklung der Mäzenatenkultur beim russischen Mittelstand noch ungewiss: Es gibt immer noch kein Gesetz, das Mäzenen steuerliche Vorteile gewähren könnte. Private Spenden für die Kunst gelten eher als purer Altruismus oder eine rein hauptstädtische Unterhaltung. Beim Internationalen Theaterfestival in Moskau fragte man Ende März den Unternehmer Dmitri Aksenow, den Gründer der gemeinnützigen Aksenov Family Foundation und Vorsitzenden der Russischen Freunde der Salzburger Festspiele, warum russische Mäzene eben Salzburg unterstützen statt junge Festivals oder Künstler in Russland. Seine Antwort: »Die Leute wissen: Wenn sie im Sommer an den Ort kommen, finden sie da all inclusive: Vergnügungsmöglichkeiten, das beste Essen und das Beste, was es heute in der Kunst gibt«. Für all inclusive sind manche bereit, mehr zu zahlen. Für einen Künstler in Russland allerdings bleibt der Weg zum reich gedeckten Buffet dornig und widersprüchlich. ¶