Ein Mitarbeiter einer großen Airline über empfindliche Instrumente und Egos.

Text · Fotos unsplash (Public Domain) · Datum 28.2.2018

Musiker, die sich und ihre Instrumente von Airlines schlecht behandelt fühlen, treten in Sozialen Netzwerken regelmäßig Lawinen der Empörung los, gefolgt von Petitionen und Boykottaufrufen. Jüngst erregte British Airways die Gemüter, weil sich die Airline aus Platzgründen weigerte, drei Instrumente des Kronos Quartetts mit an Bord zu nehmen. Das Quartett erklärte daraufhin, die Airline in Zukunft zu boykottieren, und rief andere Musiker dazu auf, selbiges zu tun. Klar, Musiker sollen ihre Instrumente mitnehmen können, genauso wie Sportler ihre Ausrüstung, Vertreter ihre Waren und Ärzte ihre Medikamente. Schwierig wird es dann, wenn ich beobachte, wie klassische Musiker, die oft aus reicheren Verhältnissen stammen, gegenüber Flughafenmitarbeitern ausfallend werden, die Mindestlohn verdienen und unter äußerstem zeitlichen und emotionalen Druck stehen. Um eine andere Perspektive auf die Sache zu bekommen, habe ich den Mitarbeiter einer großen europäischen Fluggesellschaft zu Musikern und ihren mitreisenden Instrumenten befragt.

VAN: Ist es viel Arbeit, ein Instrument zu einer Buchung hinzuzufügen?

Es ist tatsächlich komplexer als eine Buchung ohne Instrument. Man muss mehrere Dinge vorher prüfen, ob der Platz zur Verfügung steht, zum Beispiel. Es erfordert halt mehr Zeit.

Warum würde eine Fluggesellschaft eine Geige nicht befördern, wenn ein Flug nicht komplett ausgebucht ist?

Wahrscheinlich weil die Kapazitäten fehlen. Im Frachtraum werden die Instrumente meist immer Platz finden, in der Kabine oftmals nicht. Aber die Kunden, die ein Instrument mit sich führen, möchten es ja unter keinen Umständen im Frachtraum transportieren. Wenn aber für die Mitnahme an Bord nicht gezahlt wird, ist es eben schwierig und die Mitnahme kann nicht in jedem Fall garantiert werden.

Wie waren deine bisherigen Erfahrungen mit Musikern als Kunden?

Teilweise schwierig. Sie haben zum Beispiel wenig Verständnis dafür, dass für ein Cello ein Sitzplatz gebucht werden muss, der in etwa so viel kostet wie der eines regulären Passagiers. Man muss viel diskutieren über etwas, das an sich selbstverständlich ist.

Kannst du die Empörung von Musikern wie dem Kronos Quartett verstehen, wenn sie ihre Instrumente nicht mitnehmen dürfen?

Nein, überhaupt nicht. Ich vertrete den Standpunkt: Wenn ich ein erfolgreicher Musiker bin, und ich für ein Konzert gebucht werde, muss ich mindestens so viel Geld bekommen, dass mein Instrument transportiert werden kann. Wenn dieses Geld nicht zur Verfügung steht, scheint mein Status in der Musikwelt nicht der zu sein, für den ich ihn halte.

Was passiert, wenn man sein Instrument nicht anmeldet und einfach zum Gate mitnimmt?

Manche probieren tatsächlich, das System auszutricksen und erscheinen dann einfach am Gate mit ihrem großen Instrument. Das führt für den Agenten, der den Flug abfertigen soll, zu einer großen zeitlichen Verzögerung. Er kann sich nicht um andere Dinge kümmern – das Instrument muss dazugebucht werden, weil es sonst keinen Platz findet. Und wenn der Flug ausgebucht ist, muss es verladen werden. Das kann dann wiederum zu Streitigkeiten führen, weil der Musiker das wahrscheinlich nicht akzeptiert.

Kann man sein Instrument in den Schrank für die Flugbegleiter stellen?

Nein, davon kann man nicht ausgehen. Wenn die Kunden eine Anfrage dieser Art stellen, sage ich, dass der Schrank dafür nicht vorgesehen ist und das allein auf Kulanz der Kabinenbesatzung hin möglich wäre. Aus meiner Sicht ist es eine Unverschämtheit, das zu erwarten.

Gibt es eigentlich oben in dem Kabinenfach genug Platz für Geigen?

Das kommt auf den Geigenkasten an. Meistens passen die schon oben rein, aber selbst, wenn man das den Leuten empfiehlt, ist die Angst sehr groß, dass die Geige beschädigt werden könnte aufgrund der anderen Passagiere, die ebenfalls ihr Gepäck dorthin packen.

Sind Musiker besonders selbstgerecht beim Fliegen – im Vergleich zu Ärzten zum Beispiel?

Ja, absolut. So oft kommen diese Anfragen glücklicherweise nicht, aber wenn sie kommen, erkenne ich, dass die Musiker voraussetzen, dass ihr Instrument mitgenommen wird. Man hat den Eindruck, dass einem, wenn man das ablehnt, unterstellt wird, man wolle damit die ganze klassische Musikkultur diskreditieren. Das ist sehr unschön. ¶

Jeffrey Arlo Brown

...ist seit 2015 Redakteur bei VAN. Seine Texte sind auch in Slate, The Baffler, The Outline, The Calvert Journal und Electric Lit erschienen. Er lebt in Berlin. jeff@van-verlag.com