Ich mag Beethoven. Wir haben ja sogar unser Magazin nach ihm benannt. Und: Ich gestehe hiermit, dass auch ich seine Fünfte schon wild mitdirigiert habe, damals, in meinem Schlafzimmer, mit 13 Jahren – meine erste klassische-Musik-Liebe. Was mir Beethoven auch heute noch sympathisch macht: Er schrieb nicht immer gut. Man hört ziemlich genau, welche Stücke er halbherzig hinrotzte, zum Geldverdienen, da war es dann vorbei mit dem Perfektionismus. Auch Beethoven war eben nicht nur ein großartiger Komponist, sondern gleichzeitig ein Musiker, der irgendwie für seinen geregelten Lebensunterhalt sorgen musste – das sollte man auch zu seinem 250. Geburtstag nicht vergessen. Hier darum die Top Ten seiner schlechtesten Werke.
10. Tripelkonzert in C-Dur, op. 56
Was dieses Werk anderen B-Ware-Stücken Beethovens voraushat: Es eignet sich wunderbar für All-Star-Besetzungen. Richter, Oistrakh, Rostropowitsch – und Karajan! Anne-Sophie Mutter, André Previn, Lynn Harrell – und Kurt Masur! Itzhak Perlman, Daniel Barenboim, Yo … Der ganze Star-Rummel täuscht darüber hinweg, dass es dem Stück eigentlich an Einfällen und Entwicklung fehlt. Kurz blitzt manchmal der fähige Beethoven auf, zum Beispiel beim bedrohlichen Anfang und im schönen zweiten Satz, aber diese Momente lassen einen nur noch mehr die großartigen Stellen der späteren Werke vermissen.
9. Gratulations-Menuett in Es-Dur für Orchester, WoO 3
Dieses Stück hat eine Melodie, ja, aber eine, die ich niemals nachsingen könnte, nicht mal, wenn ich nebenher die Aufnahme laufen lasse. Teile der Streicherbegleitung kommen ziemlich trampelig daher. Außerdem lassen die vielen übertriebenen Schlussakkorde dieses kurze Werk noch dämlicher scheinen. Ein paar wenige Punkte gibt es für die schönen Klarinetten-Stimmen.
8. Allegro und Menuett für zwei Flöten in G-Dur, WoO 26
Als ehemaliger Flötist graut es mir vor diesen kleinen Werken großer Komponisten, die es ins Standardrepertoire geschafft haben, weil es einfach nicht viel Anderes für die Besetzung gibt – und Beethoven macht sich ja immer schön auf dem Recital-Programm. In diesem Beispiel hören wir Terzen. Terzen. TERZEN! Falls Beethoven noch eine andere Idee hatte bei diesem Stück, habe zumindest ich sie nicht ausmachen können.
7. Grenadiermarsch für Flötenuhr in F-Dur, Hess 107
Dieses Stück ist die 1798-Version der belanglosen Werke von Komponist:innen mit Knowhow für fancy Technik aber ohne Ideen, die man an jeder Musikhochschule findet. Die ersten 30 Sekunden findet man die Flötenuhr vielleicht noch niedlich, dann merkt man, dass sie nur darüber hinwegtäuscht, dass es sich hier um einen ziemlich bescheuerten Marsch handelt, der einem mit seinen fünf Minuten Länge ewig vorkommt.
6. Prüfung des Küssens, Arie für Bass und Orchester, WoO 89
Komödiantische Stücke sind ok – solange sie tatsächlich lustig sind. Dieses Stück hat was von der Energie der Entführung aus dem Serail, aber ihm fehlen deren Eingängigkeit und Mozarts umgangssprachliche Derbheit.
5. Sonatina für Mandolin und Klavier in C-Dur, WoO 44a
Der Schlusssatz von Beethovens monumentaler Klaviersonate Nr. 32 op. 111 wird gern als »Proto-Jazz« beschrieben, als Erfindung eines Genres, das erst viel später entstehen sollte, als Sprung in der Zeit. Auch dieses Stück nimmt eine Gattung vorweg: schreckliche Bluegrass-Muzak.
4. Für Elise WoO 59
Du magst Für Elise? Auch, nachdem Du sie 10 Stunden nonstop gehört hast?
3. Bundeslied In allen guten Stunden op. 122
Dieses Stück beginnt mit merkwürdigen Staccato-Bläsern – und mit Einsatz des Chores wird es nicht besser. Die Männer- und Frauenstimmen singen abwechselnd oder gleichzeitig, ohne jede Form von Kontrapunkt. Hier ist die schrittweise Melodieführung der Ode an die Freude wiederzuerkennen, nur irgendwie in schlecht. Vielleicht liegt es an den pedantischen Wiederholungen – auf jeden Fall vergisst man ob dieser schrecklichen vier Minuten wirklich alle guten Stunden.
2. Wellingtons Sieg op. 91
Dieses gleichermaßen blecherne wie stumpfe Stück darf in diesem Ranking natürlich nicht fehlen. Hans Zimmers Musik strotzt im Vergleich hierzu vor motivischer Raffinesse. »Das könnte die schlechteste Beethoven-Komposition aller Zeiten sein«, schrieb jemand bei Youtube in die Kommentare. Und das stimmt – fast. Denn Platz 1 haben wir reserviert für das …
1. Trio für zwei Oboen und English Horn in C-Dur op. 87
So sehr ich Oboen liebe – die Instrumentation ist hier einfach unmenschlich. Selbst professionelle Aufnahmen schaffen keine saubere Intonation. Auch mit Blick auf Harmonik und Melodik kann man das Stück vergessen. Hört man sich – Symphonie-style – die ganzen vier Sätze an, 20 Minuten lang, wird es zur Tortur. Spätestens bei den »frechen« Vorschlägen und Verzierungen im letzten Satz möchte man den Kopf unter eine kalte Dusche stecken, um durch den Schock alles gerade Gehörte zu vergessen. ¶