Bestes Konzert, größter Aufruhr, interne Querelen, interne Freuden. Die 4. Folge des VAN-Steckbriefs

Text VAN-Redaktion · Titelbild © Max Schwarzlose · Datum 11.10.2017

Bei der zweiten Ausgabe des Match Cut Festivals trifft das Zafraan Ensemble auf das Babylon Orchestra und Sollmann & Gürtler, das Duo von Produzent und DJ Phillip Sollmann (aka Efdemin) sowie Multiinstrumentalist John Gürtler. Wir stellen in einem Themenspecial ein Ensemble, einen Dirigenten und zwei Komponist*innen vor, die am 3. Oktober in der Berliner Volksbühne zu erleben sind.

Violine, Viola, Cello, Bass, Flöte, Klarinette, Saxophon, Harfe, Klavier und Percussion, die Menschen an den Instrumenten basisdemokratisch organisiert, interessiert vor allem an zeitgenössischer Musik. Die zehn Musiker*innen der Zafraan-Keimzelle kommen aus Australien, Frankreich, Deutschland, Neuseeland und Spanien. Alle haben klassische Musik studiert, sind aber regelmäßig auch auf anderen Pfaden unterwegs: Alte Musik, Jazz, Progressive Rock, Site-Specific Game-Design. Oft kommen für Projekte Dirigent*innen, Künstler*innen oder andere Musiker*innen dazu – manchmal auch gleich ganze Bands oder Orchester.

©Max Schwarzlose
©Max Schwarzlose

Skalen

Wie extravagant seid ihr?

Elphi-Faktor: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, euch in der Elbphilharmonie zu hören?

(Wir haben noch nicht als Ensemble dort gespielt, aber einzelne Mitglieder)

Ganz konkret

Welche Marketingfloskel wollt ihr nie über euch lesen?

Technisch sicher und korrekt.

©Peter Gesierich
©Peter Gesierich

Was war euer bestes Konzert bisher? Warum?

Vielleicht bei Ultraschall 2016. Drei sehr gute Uraufführungen, konzentrierte Vorbereitung, aber auch noch nicht zu viel Routine mit viel Spannung für den Moment. Interessiertes Publikum.

Ein Ausschnitt aus dem vielleicht besten Zafraan-Konzert beim Ultraschall 2016.

Wenn ihr ein Fußballverein wärt, welcher wäre es?

Warum fragt man nicht mal Fußballvereine, welches Ensemble oder Orchester sie wären?

Was war euer schlechtestes Konzert bisher? Warum?

Ziemlich in der Anfangszeit in der Villa Elisabeth. Einige der virtuosen, energetischen Stücke waren für die (Über-)Akustik denkbar ungeeignet. Die fünf Zuhörer im Publikum konnten auch nicht viel zur Schalldämmung beitragen. Dafür hatten wir, dank der Unterstützung eines mediterranen Supermarktes, nach dem Konzert Massen von Käse, Oliven, Rotwein und San Miguel für uns allein. Mehr wissen wir nicht mehr.

Was war der Anlass für die bisher gewaltigste interne Auseinandersetzung?

Wir haben einen Neuseeländer und einen Australier im Ensemble, da gibt es reichlich Auseinandersetzung über Rugby, blinde Kiwis und Kängurus, die nicht rückwärtslaufen können. Generell sind wir froh, dass die internen Auseinandersetzungen bisher nicht substanziell waren. Aber natürlich sorgen Termindruck und Kommunikationslücken gelegentlich für Reibung.

©Peter Gesierich
©Peter Gesierich

Wenn es euch in fünf Jahren nicht mehr gibt, woran liegt es?

An einem Meteoriteneinschlag.

Ohne welche nicht-musikalische Qualität (bzw. Interesse) wird es hart in eurem Ensemble?

Ohne Enthusiasmus und einem gewissen Altruismus wird man bei uns nicht weit kommen.

FCK PRBSPL? Wie wird man Mitglied bei euch?

Seit 2011 hatten wir keinen Mitgliederwechsel. Wir pflegen aber den Kontakt zu regelmäßigen Gastmusikern, die wir meist aus anderen gemeinsamen Projekten kennen und schätzen gelernt haben

Die aktuelle inoffizielle Hymne des Ensembles

In welcher Zeit / an welchem Ort würde euer Ensemble auch noch gut funktionieren?

Vor 3000 Jahren in einem Aborigines-Clan, um 1500 in Italien und im Jahr 2220.

Welches sind die drei Lieblingsorte, außerhalb des Konzertsaales?

Bei Miguel, Clemens oder in der Wache.

Welches ist der am häufigsten genannte zukünftige Traumjob eurer Mitglieder?

Dirigent.

©Peter Gesierich
©Peter Gesierich

Welches war das krasseste Publikum, vor dem ihr je gespielt habt, der größte Aufruhr, Eurer Rite-of-Spring-Moment?

Die Präsentation des Videos (FSK 18) zu Ciel Rouillé von Hèctor Parra bei unserer ersten CD-DVD-Release Palimpsesto in der spanischen Botschaft Berlin war ein kleiner Rite-of-Spring-Moment. Generell versuchen wir aber, keine falschen Erwartungshaltungen aufzubauen und finden ein Publikum, das sonst nur Klassik hört, genauso krass wie ein Techno-Publikum.

Das Video zu Hèctor Parras Ciel Rouillé, mit dem Potential zum Rite-of-Spring-Moment, FSK 18. You have been warned.

Wie sieht der typischer Hörer / die typische Hörerin aus?

Generation Y zwischen Digital Immigrant und Digital Native mit Entdeckergeist und viel Freude am Austausch, androgyn und in mehreren Berufen gleichzeitig beschäftigt.

Vor welchen Karren würdet ihr euch spannen lassen?

Neue Musik für Alle! Jetzt!

Welches Stück würdet ihr nie spielen?

Yellow Submarine!

Welches Stück habt ihr nicht auf die Reihe gekriegt?

Figures Libres von Philippe Hurel. Aber für den 14. Oktober in der Musikbrauerei stehen die Chancen sehr gut!

Artikel jetzt twittern: Der Orchestersteckbrief bei VAN. Vierte Folge mit dem Zafraan Ensemble.

Unendlich Geld, unendlich Zeit – welches Education-Projekt würdet ihr machen?

Eine kulturell-soziale Revolution. Wir wollen gemeinsam eine systematische Formulierung aller möglichen emotionalen Zustände, die wir mit der Musik oder gar mit der Kunst verbinden, finden. Durch Musik, Tanz und Bewegung… Tanz: unbedingt! Tanzen ist das allererste! Für uns ist Bewegung auf der Bühne, aber vor allem während des Probens sehr wichtig, um zusammen zu einem tieferen gemeinsamen Verständnis des Stücks zu kommen. Diese Art, durch kleine, innere Bewegungen (Individuum), aber auch durch größere Bewegungen der Gruppe in einem räumlichen Rahmen in Verbindung mit der Musik zu sein, möchten wir den Kindern beibringen, um zu erkunden, wie auch das Leben auf solch eine Weise artikulierbar ist.

Zafraan-Ensemble und Publikum in Bewegung

Aus der Arbeit mit symbolischen Elementen, wie es die Musik- und die Bewegungsnarrative sind, würden wir versuchen, Folgerungen finden, die für andere Sphären des Soziallebens funktionieren würden: Ökonomie, Gruppendynamik, Gesellschaftssysteme, Politik… Wir würden den Kindern Geschichten erzählen, die aus allen Ecken der Welt kommen. Mit den Älteren würden wir diese Geschichten analysieren, um sie am Ende noch mehr zu lieben. Musik, Bewegung, Geschichten, Liebe.¶

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