Machtkonzentration bei den Intendant*innen als Hemmnis struktureller und künstlerischer Entwicklung der Theater

Das deutsche Theatersystem besteht aus 140 öffentlichen Theatern, weiteren Produktionshäusern, freien Gruppen und privaten Theatern. Der Schwerpunkt des Theatersystems sind die öffentlichen Theater mit ihren 40.000 fest angestellten und 10.000 freien Mitarbeiter*innen. Nur 56 Prozent der Festangestellten sind Künstler*innen oder Künstlerische Mitarbeiter*innen, knapp die Hälfte aller Mitarbeiter*innen arbeitet in Verwaltung und Technik. ()

Anders als angelsächsische oder französische Häuser arbeiten deutsche Theater nach dem personalintensiven Ensemble- und Repertoire-Prinzip: Ein festes Ensemble spielt jeden Abend Stücke, die täglich wechseln, während tagsüber an neuen Stücken geprobt wird, die nach 6-8 Wochen zur Premiere kommen. Die Zahl der Zuschauer*innen ging seit 1960 von 22 auf 20 Millionen zurück. Diese Entwicklung sollte durch einen Produktionsanstieg aufgefangen werden, was aber nicht gelang. Die Zahl der gezeigten Vorstellungen verdoppelte sich in diesem Zeitraum, während sich die Zahl der Mitarbeiter*innen nahezu halbierte – ohne dass es den Theatern gelang, den Publikumsrückgang aufzuhalten (). Die Theater arbeiten heute mit den gleichen Ressourcen immer mehr und versuchen so, die eigene Produktivität durch sogenannte Überproduktion auf Kosten der Mitarbeiter*innen zu erhöhen. Damit wird auch das Baumolsche Kosten Paradigma () vom Kopf auf die Füße gestellt: Eine Produktivitätserhöhung in den Darstellenden Künsten, die bis dahin als ein Tabu galt, wird heute im Rahmen von Arbeitsverhältnissen möglich gemacht, die auf Ausbeutung und wenig sicheren Zeitverträgen beruhen.

Das Management der Theater

Das Management-Modell der deutschen Theater und deren organisationale Struktur werden charakterisiert durch das Intendant*innen-Modell, also die Leitung des Theaters durch einen künstlerischen Kopf, der zugleich mit den Aufgaben eines CEO betraut ist. Diese Struktur hat sich seit etwa 120 Jahren nicht geändert. Da die Aufgaben im Bereich der Leitung in den letzten 40 Jahren jedoch qualitativ und quantitativ angewachsen sind, führt die Konzentration auf eine Person zu unbeweglichen und wenig transparenten Hierarchien. Diese verlaufen von den Intendant*innen bis zu den Mitarbeitenden meist über vier Ebenen und verzögern die Entscheidungsfindung empfindlich. Unzureichende und ungeprüfte soziale Kompetenzen der Leitenden haben zudem Macht-Überschreitungen zur Folge (). Die Aufklärungsarbeit einiger kritischer Autor*innen hat inzwischen dazu geführt, dass die Künstler*innen die Zusammenhänge von Struktur und Macht deutlicher einordnen (; SCHMIDT , , ). Ein Emanzipations-Prozess findet statt. Was früher eine unspezifische Unzufriedenheit in den Ensembles und Theatern war, ist heute eine präzise und fokussierte Kritik, bei der die Probleme und deren Verursacher*innen deutlich benannt werden.

Fehlverhalten und mangelnde Kompetenzen der Leitung

Bei einer Untersuchung der Intendant*innenwahlen der letzten zehn Jahre an deutschen Theatern konnte ich feststellen, dass zu 76 Prozent Männer und zu 24 Prozent Frauen zu Intendant*innen gewählt wurden. Gleichzeitig wurden 74 Prozent der Intendanzen an Regisseur*innen, weitere 24 Prozent an Dramaturg*innen und nur 2 Prozent an ausgebildete Manager*innen vergeben. Das Primat liegt also weiterhin bei männlichen Künstlern im Amt des Intendanten.

Bei vielen Intendant*innen sind Management-Kompetenzen heute noch immer nicht ausreichend ausgebildet. Die Probleme liegen vor allem im Personalmanagement, also angemessen zu leiten, zu motivieren und kommunizieren. Beunruhigend ist dabei das irrationale und oft auch narzisstische Verhalten einzelner Intendanten. Hierzu zählen Zynismus und Manipulation, Verleumdung, Bloßstellen, systematische Einschüchterungen, das Androhen von Kündigungen und Strafen, was von den Teilnehmer*innen einer Studie, die ich im Sommer 2018 durchgeführt habe, vielfach kritisch genannt wird. Mehrfach wird berichtet, dass viele Intendant*innen, nicht in der Lage seien, mit Mitarbeiter*innen menschlich umzugehen und gute Arbeitsbedingungen zu schaffen. ()

Kritisiert wird auch, dass Intendant*innen fehlendes Wissen im Management durch »Theaterwissen« kompensieren. Dazu gehört der Irrglauben, dass ein*e Intendant*in das Geschäft – als ehemalige*r Assistent*in, Dramaturg*in, o.a. – allein im Theater ausreichend lernen könne. Die Ergebnisse der o.g. Untersuchung sind auch ein Beleg dafür, dass für die Leitung eines Theaters eine solide Ausbildung und Erfahrungen im Management Voraussetzungen sind. Deshalb sollten Auswahlkommissionen darauf achten, dass die Kandidat*innen neben Management-Fähigkeiten auch auf soziale und analytische Kompetenzen geprüft werden. Bei laufenden Intendanzen sollten Aufsichtsgremien dort, wo diese Kompetenzen nicht in ausreichendem Maße erkennbar sind, entsprechende Weiterbildungen durchsetzen. Ein großer Mangel besteht sicher auch darin, dass die Gesellschafter*innen und Aufsichtsgremien der Theater zu wenig agieren und Intendant*innen oft eher schützen, anstatt sie zu beaufsichtigen.

Die Arbeitsbedingungen in den Theatern

Die Arbeitsbedingungen in den Theatern sind durch Widersprüche und Friktionen gekennzeichnet. Unter einem Dach versammeln sich auf Seiten der Mitarbeiter*innen fünf sehr verschiedene Vertragstypen mit verschiedenen Gewerkschaften und Tarifen, unter denen sie jeweils organisiert sind. Benachteiligt sind vor allem die Künstler*innen mit NV-Bühne-Verträgen, die, einem Ketten-Vertrag gleich, immer nur auf ein Jahr abgeschlossen werden und deren Verlängerung von der Gunst der Intendant*innen abhängt, während Technik und Verwaltung, Chor und Orchester unter festen Vertragsbedingungen arbeiten. Begründet wird dies damit, dass die Intendant*innen die Möglichkeit haben sollen, künstlerisches Personal jederzeit zu kündigen, um in der Umsetzung künstlerischer Visionen flexibel zu bleiben. Das hat vor allem negative Auswirkungen auf die Moral in den Ensembles und die künstlerische Qualität der Inszenierungen.

Mehr als die Hälfte (54,5 Prozent) aller Mitarbeiter*innen am Theater arbeitet bis zu zehn und mehr Stunden täglich. Grundsätzlich lässt sich dabei beobachten: Je höher die täglichen Arbeitsbelastungen, desto mehr Frauen sind in dem Bereich tätig. Gleichzeitig verdienen gerade die viel arbeitenden besonders wenig. Vor allem in diesen Gruppen müssen Mitarbeiter*innen deshalb extern dazu verdienen, um die eigene Existenz zu sichern (60 Prozent der Mitarbeiter*innen). Auch die häufige Wochenendarbeit wird nur selten entgolten und zeitlich ausgeglichen. Solche Arbeitszeiten machen die individuelle Regeneration und die Pflege sozialer Beziehungen kaum mehr möglich.

44,5 Prozent der Künstler*innen – die Mehrzahl mit akademischem Abschluss – arbeiten für durchschnittlich 2.000 Euro Brutto-Gage (1.400 Euro netto). Etwa die Hälfte aller Theater-Mitarbeiter*innen lebt in prekären Lebensbedingungen: Sie gehen einer vollen Beschäftigung nach, ihr Einkommen reich jedoch nicht aus, um davon adäquat leben und eine Familie ernähren zu können. Dies sind Ergebnisse einer Studie mit 1.966 Teilnehmer*innen, die darauf hinweisen, dass die Arbeitsbedingungen in den Theatern nicht dem Image entsprechen, das die Theater vermitteln wollen ().

Macht und Machtübergriff

Grenzen zum Machtmissbrauch werden in einigen Theatern regelmäßig überschritten. Er beginnt mit kleinen Gesten und verbalen Übergriffen, die sich je nach Umfeld verstärken. Die Formen sind vielfältig, wie die folgende Übersicht zeigt.

ÜBERSICHT Erfahrene Formen des Machtmissbrauchs; Stand: 2018 (SCHMIDT 2020)
ÜBERSICHT Erfahrene Formen des Machtmissbrauchs; Stand: 2018 (SCHMIDT 2020)

Die Zahl der Personen, die an ihrer aktuellen Wirkungsstätte Missbrauch erfahren haben, liegt bei circa 55 Prozent – etwa jede*r zweite von ihnen mehrfach. Der Anteil der Frauen beträgt sogar 59 Prozent. Von den Teilnehmer*innen wird ein breites Spektrum an verbalen und psychischen Druckmitteln genannt, die als Instrumente der Macht angewendet werden. 42 Prozent der Teilnehmer*innen leiden unter psychischem Missbrauch. Das Repertoire reicht von Manipulation und Instrumentalisierung bis zu Willkür und existenziellen Bedrohungen (Kündigung):

  • Forderungen nach grenzenloser zeitlicher und räumlicher Verfügbarkeit,
  • Erpressung, Drohen mit Kündigung, wenn nicht trotz Krankheit gespielt wird,
  • Gagen unter Mindestlohn oder Forderung unbezahlter Arbeit,
  • Zurückhaltung von Honoraren und Vertragsunterzeichnungen,
  • Unrechtmäßig geringe Vertragslaufzeiten (z.B. 10 Monate im NV-Bühne),
  • Nichteinhalten von Verabredungen und Verträgen (mündliche Verträge),
  • Drohung mit Kündigung aus nichtigen Gründen, Kündigung ohne Begründung oder nach Kritik und unerwünschten Fragen, wie Ausgleich von Überstunden.

Sexuelle Übergriffe und Gewalt

Physische Gewalt ist die Fortsetzung verbaler und psychischer Gewalt mit körperlichen Mitteln. In den meisten Fällen wird diese von Männern gegenüber Frauen ausgeübt:

  • Frauen sind die wesentlichen Opfer von Gewalt in den betroffenen Theatern.
  • Frauen werden – dort wo Gewalt herrscht – weder durch Theaterleitungen, noch Kolleg*innen oder Aufsichtsgremien ausreichend geschützt.

Betrachtet man den Fächer an Methoden der Machtausübung, muss man die betroffenen Theater als toxische Arbeitsräume bezeichnen, die sich damit als Akteure in einer Gesellschaft diskreditieren, an deren progressiver Veränderung sie eigentlich aktiv mitwirken möchten.

Sexismus, systematische Abwertung von Frauen und abschätzige Kommentare über Leistungen, Aussehen und Figur von Spielerinnen auf Proben und in Kantinen gehören zum Theateralltag. Kranke Darstellerinnen werden angehalten zu spielen, und noch immer gibt es Fälle von Kündigung bei Schwangerschaft. Während die Arbeit der männlichen Kollegen verbal und monetär aufgewertet wird, wird die von Frauen herabgesetzt.

Sexuelle Gewalt setzt oft mit verbaler und sexistischer Verrohung gegenüber Frauen und mit negativen sexuellen Beschreibungen des Körpers ein. Auch sexuelle Anspielungen und anzügliche Beschimpfungen treten gehäuft auf, was Rückschlüsse auf eine Organisationskultur erlaubt, die sich eines freizügigen Umgangs zwischen den Kolleg*innen rühmt, hier aber keine klaren Regeln kennt. Die Grenzen verschwimmen und es folgen explizite sexuelle Angebote und Annäherungen seitens der Intendant*innen oder Regisseur*inne, auf die oft Küsse und das Berühren von Po, Brüsten, Geschlecht – jeweils ohne Einverständnis – folgen. Teilnehmer*innen berichten von 284 mehrheitlich von Intendant*innen und Regisseur*innen (davon 96 Prozent Männer) ausgesprochenen Angeboten von Rollen, besseren Gagen und Engagements gegen sexuelle Gefälligkeiten. 121 Teilnehmer*innen haben angegeben, für eine Rolle, eine Regiearbeit, ein Engagement oder eine Gagenerhöhung eine sexuelle Gefälligkeit geleistet zu haben.

ÜBERSICHT: Initiierende und Ausübende von sexuellen Angeboten und Übergriffen (SCHMIDT 2019)
ÜBERSICHT: Initiierende und Ausübende von sexuellen Angeboten und Übergriffen (SCHMIDT 2019)

Werden die sexuellen Angebote jedoch von den Künstler*innen abgelehnt, folgen daraus – meist öffentlich vorgetragene und schädigende – Zweifel an der künstlerischen Exzellenz und Loyalität. Das versprochene Engagement findet nicht mehr statt (14,4 Prozent), eine Nicht-Verlängerung wird ausgesprochen (8,9 Prozent) oder die Künstlerin wird umbesetzt, ignoriert oder auf eine »schwarze Liste« gesetzt. 176 Teilnehmerinnen berichten, dass sich Intendant*innen gegenüber Anfragen anderer Häuser dann abschätzig über die Künstler*innen äußerten und damit zukünftige Engagements behinderten.

Kritik am Ein-Direktor*innen-Modell

Die von den Teilnehmer*innen der Studie mehrheitlich formulierte Kritik am deutschen Intendant*innen-Modell gehört zu den wichtigsten Ergebnissen meiner Untersuchung.

Eine Mehrheit der Teilnehmenden konstatiert, dass das hierarchische System Abhängigkeiten befördert (85,6 Prozent). Über die Hälfte merkt an, dass Strukturen und die Kultur am Theater Ungerechtigkeit und Machtmissbrauch vorantreiben (59,8 Prozent), dass die Macht der Intendant*innen zu groß und zu unkontrolliert ist (59,6 Prozent) und dass die kritischen Köpfe aus den Theatern verbannt werden (50,8 Prozent). Kritik konzentriert sich auch auf die Intendant*innen, die nepotistisch agieren, also z.B. ihre Lebensgefährt*innen engagieren und diese in das Machtgefüge einbauen (41,6 Prozent). Das Nicht-Beachten oder Fehlen ethischer Standards und Regeln bei der Theaterleitung wird von 43,1 Prozent der Teilnehmer*innen beklagt. Nur noch 0,4 Prozent der Theatermitarbeiter*innen haben laut Studie den Eindruck, dass alles gerecht zugehe. Viele Künstler*innen werden beherrscht vom Gefühl der Angst, weil sie jederzeit zum Spielzeitende gekündigt werden können – ein Instrument, von dem viele Intendant*innen bei Kritik Gebrauch machen. Viele Darsteller*innen vergleichen sich deshalb mit Leiharbeiter*innen ohne Rechte, andere sprechen davon, dass unter dem Deckmantel der Kunst feudale Strukturen überlebt haben. ()

Die Kritik wird inzwischen offen ausgesprochen. Sie bezieht sich darauf, dass die Theater ihre Strukturen und den zwischenmenschlichen Umgang überprüfen sollten, bevor sie überhaupt prädestiniert seien, über die menschlichen Konflikte und das Mensch-Sein auf der Bühne zu verhandeln. Gefordert werden deshalb flachere Hierarchien, radikale Strukturveränderungen und der systematische Abbau der Macht der Intendanten. Zentraler Kritikpunkt ist die Alleinherrschaft der Intendant*innen, wie folgendes Zitat sehr eindrucksvoll belegt:

»Die verdammte Alleinherrschaft muss abgeschafft werden. Es darf keine Königinnen und Könige mehr geben, die ohne Konsequenzen all das tun können, wonach sich ihr Machtdurst richtet.« (Teilnehmerin 800)

Hinzu kommt Kritik an der Selbstverständlichkeit, mit der Macht vergrößert und glorifiziert wird. Viele Theaterschaffende wünschen sich, ihre Leitung selbst zu wählen und an Entscheidungen beteiligt werden.

Eine Folgerung daraus ist, die Intendanz durch eine Teamleitung zu ersetzen, an der die anderen wichtigen Bereiche des Theaters beteiligt werden, wie die Programm-Planung, das Produktionsmanagement und die Geschäftsführung, die zusammen mit dem Künstlerischen Direktor gleichberechtigte Mitglieder im Team werden, gemeinsam Verantwortung übernehmen, Entscheidungen fällen und sich gegenseitig kontrollieren.

Ausblick

Das Spektrum des Machtmissbrauchs in deutschen Theatern reicht von unzureichenden Arbeitsbedingungen und Verstößen gegen einen ethischen Umgang mit Mitarbeiter*innen bis hin zu schweren Verfehlungen der Grundregeln des guten Managements. Die Ursachen hierfür liegen nur partiell in unzureichenden persönlichen Voraussetzungen der betroffenen Intendanten, die Hauptursache ist struktureller Natur. Sie manifestiert sich im Intendant*innenen-zentrierten Organisationsmodell, in einer rückwärtsgewandten Organisationskultur und in fehlenden Anreiz- und Regelsystemen. Zudem fehlt eine regelmäßige unternehmensethische Analyse, wie sie für Wirtschaft und NPO gilt, auch für das Theater.

Macht ist ein notwendiges Instrument in Organisationen, um Verantwortung zuordnen und Entscheidungen fällen zu können. Problematisch wird sie jedoch in den Fällen, in denen Macht missbraucht wird. Der Hebel zur Neutralisierung der damit verbundenen Probleme und Gefahren muss struktureller Natur sein. Reformen, neue strukturelle Modelle und der systematische Abbau von Macht sind deshalb die passenden Schlüssel zur Beseitigung des Machtmissbrauchs. Die häufig wiederkehrende Forderung: »Wir brauchen keine Intendant*innen mehr« bestätigt die bereits entwickelten Alternativen, in denen es um eine Dezentralisierung und Verteilung von Macht und die Auflösung zu starker Hierarchien geht (SCHMIDT 2019). Veränderungen werden von einer übergroßen Mehrheit der Mitarbeiter*innen (95,5%) gefordert. Weniger als 10 Teilnehmer*innen (0,5%) sehen hierfür keine Notwendigkeit – eine niedrige Quote, wenn man bedenkt, dass 80 Leitungsmitglieder an der Studie teilgenommen haben, von denen die Mehrheit offensichtlich selbst nicht mehr an das bestehende System glaubt.

Die Ergebnisse beziehen sich keineswegs auf alle Häuser und ihre Intendant*innen. Es ist nach wie vor davon auszugehen, dass es Theaterleiter*innen gibt, die sich in den angesprochenen Aspekten fair verhalten und ihre Mitarbeiter*innen vor Machtmissbrauch schützen. Entscheidend ist jedoch, dass in allen öffentlichen Theatern dieselben einschränkenden strukturellen Bedingungen herrschen, die potentiell zu diesen Übergriffen führen können. Allerdings gibt es erste Häuser, die sich im Zuge der Diskussionen für neue Leitungsmodelle entschieden haben. Dazu zählen die Theater am Neumarkt und das Theater Gessnerallee in Zürich, die jeweils gleichberechtigt von drei Frauen geleitet werden. Auch das Schauspiel Zürich hat inzwischen eine Doppelspitze, ebenso wie das Hessische Landestheater Marburg. Eine wachsende Anzahl von Teams bewirbt sich für Intendanzen. So besteht Hoffnung, dass mittel- bis langfristig immer mehr neue Leitungsmodelle zu einer wesentlichen Veränderung der Entscheidungs- und Kommunikationsstrukturen führen und sich damit das Arbeitsklima und die Bedingungen für die Künstler*innen in den Häusern maßgeblich verbessern. ¶