Auszüge aus Nikolaus Harnoncourts bald in Buchform erscheinenden Erinnerungen an seine musikalischen Anfänge und die Gründungszeit des Concentus Musicus Wien
»Geschlagene zwei Jahrzehnte lang musste Harnoncourt erst einmal von vielen Seiten Vieles einstecken« schreibt der Dirigent Reinhard Goebel in seinem Nachruf auf Nikolaus Harnoncourt in VAN. Wie der selbst die frühen Jahre und den Beginn seiner Karriere erlebte, lässt sich ab der kommenden Woche in den von Alice Harnoncourt herausgegebenen gesammelten Erinnerungen ihres Mannes nachlesen. Den Anstoß gab, so Alice Harnoncourt, ein anderes Familienmitglied: »Unser Enkel Arthur hat die Initiative ergriffen und uns eindringlich gebeten, seine, unsere Geschichte aufzuschreiben. Meinem Mann hat diese Idee sehr gefallen, und daraus ist ein zeitgeschichtlich umfassendes, gut recherchiertes, aber sehr privates Buch über die Geschichte der Familie Harnoncourt geworden, in dem natürlich auch der Concentus Musicus vorkommt.« Wir sind eine Entdeckergemeinschaft erscheint am 12. September beim Residenz Verlag. VAN bringt vorab fünf Ausschnitte (und außerdem in dieser Ausgabe ein Interview mit Alice Harnoncourt).

Erste Orchestererfahrungen
Meine ersten Erfahrungen im Wiener Orchesterleben waren nicht ermutigend: mein Lehrer, Emanuel Brabec, Solocellist der Wiener Philharmoniker, sagte eines Tages beim Unterricht: »Heute spielst du für mich Salome. Geh eine Stunde früher hin und schau dir die Noten an. Böhm dirigiert, der mag keine fremden Gesichter. Ich hab ihm gesagt, du bist mein bester Schüler und kennst das Stück in und auswendig.« – Ich gehe also ins Theater an der Wien (die verbombte Staatsoper war ja noch nicht wieder aufgebaut) und versuche in der kleinen Orchestergarderobe meinen Part (5. Cello) zu spielen … es ist unmöglich! Um das zu üben, brauche ich mindestens zwei Wochen; ich weiß auch nicht, was wichtig ist und wo man sich drüberschwindeln kann, ich hatte diese Oper tatsächlich noch nie gehört; außerdem hatte ich noch nie in einem großen Orchester gespielt. – Angstschweiß. Kurz vor Beginn kommt der Cellist Rudolf Mayr, ein Freund meines Lehrers, hört und sieht mich: »Kinderl, was machen S’ denn da? Das ist doch alles unwichtig … Da hinten, schaun S’, da spielen S’ die leere C-Saite allein am 5. Cello. Stimmen Sie’s gut ein, da hörn alle zu.«
Der Alptraum beginnt – es wird finster im Saal. Karl Böhm kommt und zuckt undefinierbar mit dem Oberkörper herum, ein paar Handbewegungen, auch eher hektisch zuckend, ich weiß nie, wo die Eins ist … schwimme irgendwie im Strom mit … das leere C gelingt – ich bin akzeptiert und spiele jetzt öfter: Zauberflöte, Tannhäuser etc. – Übrigens, ich bekam keinen Groschen für über hundertmal Einspringen für meinen Lehrer! – Also gut, die Zauberflöte (wird vom Orchester ungern gespielt) könnte ich wahrscheinlich tausendmal spielen, beim Tannhäuser denke ich schon beim sechsten Mal: »Es genügt eigentlich, da kann ich nichts Neues mehr erfahren, es wird mit jedem Mal banaler.« Ein ganzes Leben lang Oper zu spielen, manche Puccinis oder Rossinis vielleicht tausendmal – das kann nicht mein Lebenszweck sein. So beschließe ich, es im Symphonieorchester zu versuchen.
Harnoncourt geht daraufhin im Herbst 1952 (gegen den Willen seines Lehrers) zum Probespiel der Wiener Symphoniker – und bekommt die Stelle. Sein Chef heißt ab jetzt Herbert von Karajan.
Karajan
Die Jahre (ab September 1952) mit Karajan waren ein einziges großes Erlebnis – mit zwei gewaltigen Seiten: positiv und negativ. Schon das Probenritual war besonders: Minuten vorher ein Durcheinanderspielen, -üben, -herumdudeln … da erscheint lautlos, fast schleichend, Herr von Mattoni (Karajans Sekretär) im tadellosen Anzug, alles frisch gebügelt, und sagt leise, devot und autoritär aus einer Eau-de-Cologne-Wolke: »Der Herr von Karajan.« Augenblicklich wird es still, und Karajan federt herein – seine Kleidung mitleiderregend: ungebügelte, zu enge Hosen, ungepflegter, oft ausgefranster, manchmal löchriger Pullover (ich bin ganz sicher, alles bewußt kalkuliert: der Betreuungsinstinkt der bewundernden Frauen sollte auf die Spitze getrieben werden) – aber andrerseits: die Haare! Jeden September mit Spannung erwartet: Wie ist es heuer?? Glatt nach hinten mit Pomade, senkrecht nach oben und leicht gebogen etc. etc., jedes Haar wußte, wo es hingehört, und natürlich das vorderste Schöpfchen halbkreisförmig nach vorne gebogen, toll. Und die Uhr auf der Innenseite des Armes, ein paar jovial gemurmelte Begrüßungsworte, ein scharfer, alles umfassender Blick aus (wie mir schien) gelben Augen, und die Probe begann: sehr gut vorbereitet, gezielt auf bestimmte Schlüsselstellen hin.
Ich hatte das Glück, bei seinem ersten Beethovenzyklus mitwirken zu dürfen. Da erlebte ich diese bekannten Werke neu, als hätte ich sie nie gehört. Wild und dynamisch, viel ähnlicher der fabelhaften Interpretation Toscaninis als der des in Wien allgemein als Richtschnur betrachteten Furtwängler. Manches probte er überhaupt nicht, manches mit unendlicher Geduld noch und noch. Einmal schickte er das ganze Orchester nach Hause und probte nur mit uns Cellisten den Anfang des langsamen Satzes der 5. Symphonie. Ich war total begeistert. Seine Probenarbeit war äußerst wirksam, und dies für mich oft unerklärlich: er unterbrach, erklärte uns, wie er es haben wollte, aber niemand konnte seinem grummelnden, fast knurrenden Murmeln Worte entnehmen – trotzdem schien jeder verstanden zu haben. – Dieser Beethovenzyklus gehört für mich zu den größten und bleibenden Eindrücken, ebenso wie die wiederholten Aufführungen der Requiems von Mozart, Brahms und Verdi.
Karajan durfte damals wegen seiner Nazi-Vergangenheit nicht in der Staatsoper dirigieren. Um zu demonstrieren, wie unverzichtbar er als Operndirigent sei, machte er mit uns konzertante Aufführungen von Carmen und Fidelio im Musikverein. – Diese Fidelio-Aufführung, die wir auch in Zürich wiederholten, fand ich grandios. Karajan liebte damals leichte, junge Stimmen, die er oft dort einsetzte, wo schwere, ›heldische‹ Stimmen erwartet wurden – weil sie im Opernbetrieb üblich waren. So sang der junge Nicolai Gedda den Florestan und Elisabeth Schwarzkopf die Leonore. Eine sensationell untypische Besetzung; als ich ca. 30 Jahre später Elisabeth Schwarzkopf bewundernd darauf ansprach: »Sie haben die eindrucksvollste Leonore gesungen, die ich je gehört habe!«, antwortete sie: »Ich habe diese Partie nie gesungen.« Davon ging sie auch nicht ab, als ich erklärte, ich sei bei allen Aufführungen zwei Meter hinter ihr im Orchester gesessen. Es war eben nicht ihr ›Fach‹, basta.
Neben diesen künstlerischen Erlebnissen konnten wir auch viele persönliche Eigenheiten beobachten, witzige, komische und beängstigende. Technisches Spielzeug konnte Karajan faszinieren, und wenn etwa der Bratschist Karl Trötzmüller ihm vor der Probe ein Spielzeugauto aufs Pult legte, konnte es passieren, daß er die ersten 20 Minuten damit lustvoll und selbstvergessen am Boden hockend spielte, vor schweigend grinsenden Musikern; dies war umso bemerkenswerter, als es bei ihm keine Zufälle zu geben schien, alles war genauestens kalkuliert und notfalls geprobt. Er war der einzige Dirigent, der die gefürchtete Treppe im Amsterdamer Concertgebouw ›übte‹: links – rechts – zwei – eins – Wechselschritt. Auch sein Dirigieren war kalkuliert und auf höchst professionelle Wirksamkeit hin eingeübt. Es verlangt eine irgendwie tänzerische Bewegung, und die studierte Karajan – sagte man – in Privatstunden beim damals berühmtesten Tanzsolisten Harald Kreutzberg. Selbst die Bewältigung von ›Schmissen‹ war – genial – konzipiert (oder sollte das wirklich spontan gewesen sein?): tieftraurig, mit kaum sichtbaren Bewegungen der Beginn des Mozart-Requiems, die Seufzer der Streicher, dann das 1. Fagott, das 2. Bassetthorn, dann das 1. … irgendwie klang’s jetzt fremd, der hatte um zwei Viertel zu spät eingesetzt, man fühlt, gleich wird’s richtig falsch, irreparabel. Karajan winkt ab, sein Gesicht wird hart, er macht eine halbe, herrische Drehung zum Publikum, das erschauert – waren wir nicht still genug? Unwürdig? So konnte er nochmals beginnen für ein schuldbewußt-devotes Publikum.
Ein besonderes Kapitel waren die Konzertreisen. Ob per Bahn, da hatte er ein Coupé mit seiner damaligen Gattin Anita und ließ sich gelegentlich den oben erwähnten Trötzmüller kommen, um dessen Kartenkunststücke zu sehen und zu durchschauen – da er dies nicht konnte, gab’s jedes Mal leichten Ärger. Oder dann die »Europareise« mit der VW-Bus-Kolonne (sechs Musiker pro Bus), Karajan mit einem Sportwagen von Mercedes. Einer durfte mitfahren, der saß dann abends bleich und grün im Orchester, wir lachten – und zum lautesten Lacher: »Sie fahren morgen mit mir.« Er hatte etwas von einem Rennfahrer.

Natürlich wird bei diesen langen Reisen der Ton lockerer, fast freundschaftlich, es gibt Sportgespräche, der Abstand wird geringer, die Disziplin lockert sich. »Sie, spielen Sie mal diese Stelle, ja, Sie, jetzt.« Den Geiger am 3. Pult hat es erwischt. Davor fürchten sich alle Tuttisten ständig: Wer ist der nächste? – Angst. Er kann nicht richtig spielen. Karajan murmelt: »Ist das Ihr Ernst?« … Stille … »Gehen Sie … Ich muß den Direktor sprechen.« … Stille, Angst … Der Direktor kommt … »Ich will den Mann nicht mehr sehen.« – Der Abstand und die Disziplin sind wieder da – und bei mir eine große Traurigkeit: ich hatte ihn wirklich bewundert, fast geliebt. – Auf diese Weise kam es im Orchester geradezu zu einer Spaltung: die Karajan-Spieler und die anderen. Ehrlicherweise muß man hier einfügen, daß damals (in den 50er Jahren) alle so arbeiteten, Angst war ein ständiger Begleiter.
Apropos ständiger Begleiter (wenn auch auf eine sehr viel erfreulichere Weise): Im Juni 1953 heiraten Nikolaus und die Geigerin Alice. Wenige Monate später zieht das Ehepaar Harnoncourt in die Josefstädter Straße.
Josefstädter Straße 17
Die Wohnung hat zwei große Zimmer und genügend kleinere für den Alltag. Wir übersiedeln am 19. November 1953 mit einem Handwagerl. Die Akustik der zwei großen Zimmer ist ausgezeichnet, und wir beginnen zu musizieren. Unsere Gamben und Barockgeigen beginnen sich mit unseren Orchesterfreunden zu befassen: Kurt (Theiner), Hermann (Höbarth) und Edi (Hruza) sind die Ersten, die richtig mitmachen und fast problemlos Alice als 1. Geige akzeptieren (der kleine Tadel »Alice ist etwas zu ehrgeizig« hing ständig in der Luft).

Wir hatten in unserem Leichtsinn (wie beide Elternpaare fanden) – einige tolle Instrumente gefunden und gekauft (die Precheisn, die Brescianerin, zwei Pardessus de Viole und viele andere) und probten jede freie Minute, schrieben Noten von Mikrofilmen ab und begeisterten uns für Josquin, Isaac, Dufay, den Codex Montpellier (da hatte ja Alice vieles abgeschrieben in der Pariser Nationalbibliothek), auch Purcell und H. I. F. Biber, aber auch Haydn, Mozart und Hindemith. Wir saßen zuerst auf Obstkistln, weil wir (zur Empörung Papas) noch keine Sessel hatten – das kam dann nach und nach vom Dorotheum. Wir waren fanatisch: kein Telephon (Alice mußte auf die Straße laufen, um vom ›Häuschen‹ aus zu telephonieren, sehr grauslich), kein Radio, keine Zeitung – da spart man viel Zeit.
Wir machten Hauskonzerte, bei denen wir unser Repertoire von 1300 bis 1800 testeten. Der Haydn-Papst H. C. Robbins Landon und mein alter Marionettenfreund Riko (Federik Mirdita) meinten, wir müßten schleunigst an die Öffentlichkeit. Riko hat sogar den Namen unseres Ensembles ›kreiert‹. Es kamen sehr interessierte Leute, auch einige namhafte Musikkritiker mit ihrem Doyen Helmut Albert Fiechtner von der Furche. So wurden wir, noch ganz ungeplant, zu einem besonderen, fast unbemerkten Teil des Wiener Musiklebens.
Die öffentlichen Blätter (heute sagt man: »die Medien«) interessierten sich für unsere aufkeimende Tätigkeit, unser halbprivates Musizieren sprach sich herum … Proben, Kinder, Kleidung, Essen … daß wir, zwar sehr gesund, fast immer nur Kartoffeln und Salat äßen … Solche Öffentlichkeit war also auch gefährlich, man hätte sich als Wiener Symphoniker – merkwürdig genug – »standesgemäß« zu verhalten. Ich wurde von der Direktion mehrfach streng abgemahnt! Ein Symphoniker sei durchaus in der Lage, täglich Fleisch zu essen, etc. etc. Auch die Kleidung (oft ohne Krawatte) und das Aussehen (unrasiert) wurden hart kritisiert. Gegen meine Verteidigung: tägliche Körperwäsche und selbstverständlich Rasur plus Silberkrawatte zu den Konzerten war der Dienstgeber schließlich machtlos. – Übrigens mußten wir uns auf Befehl der Symphoniker ein Telephon zulegen (einen Vierteltelephonanschluß). Durch unsere extreme Sparsamkeit konnten wir immerhin das Basisinstrumentarium für den Concentus erwerben – die Kollegen spielten ja im Ensemble auf unseren Instrumenten. – Ich werde später noch auf die ›Instrumentengeschichten‹ zurückkommen …
Monteverdi
Im Konzerthaus erlebe ich (1954) meine erste Bekanntschaft mit Claudio Monteverdi! Der Direktor des Hauses, Egon Seefehlner, hatte einen Brief von Hindemith bekommen, der dort eine szenische Aufführung von Monteverdis L’Orfeo machen wollte, mit dem von Monteverdi vorgesehenen Orchester. Er schickte also eine Instrumentenliste nach Wien, die Verwirrung stiftete. Schließlich sagte jemand zu Seefehlner, daß es seit kurzem einen Cellisten bei den Symphonikern gebe, der ausgefallene alte Instrumente sammle – vielleicht kann der helfen … So zeigt man mir die Liste; ich hatte die gewünschten fünf Gamben und auch die Spieler dafür. Wir wurden sofort für das Projekt engagiert. Da Monteverdi auch szenische Anforderungen äußerte, die Hindemith haben wollte, wurde Leopold Lindtberg als Regisseur engagiert, den Orfeo sang Gino Sinimberghi, ein Operettentenor. Aufregend für uns, auf solche Weise zu erfahren, daß es möglich war, in Wien Musik zu studieren, ohne den Namen Monteverdi je zu hören! Unglaublich! Außer Alice, die gerade im Wochenbett lag, spielten die ›Urconcenti‹ – Kurt, ich, Hermann, Edi – auf unseren Instrumenten. Paul Angerer, der Zink spielte, sprang für Alice ein (Diskantgambe und Barockgeige).
Paul Hindemith leitete das Ganze, leider inkompetent und eher ekelhaft. Kaum hatten wir ein paar Stunden geprobt, sagte er zum vor Begeisterung schwitzenden Prof. Mertin, der das prachtvolle Lambacher Regal aus dem 16. Jahrhundert spielte: »Ziehen Sie die Bälge, der andere soll spielen.« Mertin ging devot auf die andere Seite des Instrumentes und tauschte Platz mit dem Calcanten. Er war in Wirklichkeit der einzig kompetente unter den Musikern, was Hindemith wohl nervös machte. Kurz darauf kam die erste Unterweltszene mit Zinken – Trötzmüller, für den Hindemith geradezu ein Idol war, hatte lang mit Angerer vorgeprobt und dafür eigens Zinken bauen lassen. Beim ersten kleinen Kiekser: »Nehmen wir lieber Englischhörner.« Ich war so wütend, daß ich schon daran dachte, alles hinzuschmeißen … Aber da war Monteverdi stärker als Hindemith: der Angelhaken saß für immer.
Besondere Instrumente, besondere Musiker*innen
Am 25. Mai 1957 wird das restaurierte Schwarzenbergpalais glanzvoll wiedereröffnet – und der Concentus Musicus tritt dabei erstmals im Kuppelsaal an die Öffentlichkeit, mit zwei fünfstimmigen Sonaten aus Muffats Armonico tributo. Unterrichtsminister Drimmel, der die Festansprache hält, ist begeistert von unserer Idee und Realisierung und verspricht Förderung. Wir bleiben dem Schwarzenbergpalais bis Juni 1968 treu, dann erst ›übersiedeln‹ wir ganz ins Konzerthaus, solange dort Peter Weiser Chef ist, dann in den Musikverein.

Am 24. Juni spielen wir zu den Grazer Festwochen im Schloß Eggenberg eine große Suite von Georg Muffat und Bachs Tripelkonzert mit Poldi (Leopold Stastny), Alice und Utti.
Die weitere Entwicklung ist zweifach: die Suche und Jagd nach besonderen Instrumenten – und die Suche und Jagd nach Musikern, die diese Instrumente spielen wollen, mit allen Konsequenzen. Der größte Glücksfall bei der Entstehung des Concentus war die unerwartete Reaktion der Musiker – die erwartete blieb natürlich auch nicht aus: wozu soll es gut sein, auf die Errungenschaften des modernen Instrumentenbaues zu verzichten und wieder auf die primitiven und daher verworfenen alten Instrumente zurückzugreifen. Aber gerade die besten Musiker, anerkannte Stimmführer (Flöte, Oboe, Posaune etc.), wollten unbedingt mitmachen. Sie fanden wie ich, daß die gut erhaltenen alten Instrumente eben nicht einfach primitive Vorstufen der allgemein gespielten Instrumente waren, sondern technisch und klanglich ideal für die Musik ihrer Entstehungszeit geeignet, wenn man sie angemessen zu spielen versteht. So nahmen sie in ihrem Enthusiasmus alle entstehenden Probleme in Kauf. Da waren natürlich die Schulwerke mit ihren raffinierten Spielanweisungen eine unentbehrliche Hilfe. Leopold Stastny war gerade zum Soloflötisten aufgestiegen, glänzend durchgesetzt gegen einen zweifelnden Dirigenten Josef Krips; oder Jürg Schaeftlein, der beste der Wiener Oboisten, gab seine gesamte Freizeit, um mit der Renaissanceblockflöte mitzumachen! Wir alle waren, wohl durch das Besondere der frühen Musik und das nie Gehörte der Klänge, wie in einem Schaffensrausch. ¶