Heimatlieder

Datum 25.5.2016

Vom 26.–29. Mai veranstaltet der Deutsche Chorverband zum dritten Mal das Deutsche Chorfest. Nach Bremen und Frankfurt in 2008 und 2012 wird dieses Jahr Stuttgart zehntausenden Sänger/innen in verschiedenen Formaten seine Bühnen öffnen. VAN ist in diesem Jahr Medienpartner der Heimatlieder aus Deutschland. Deutsche Volksmusik? Nein. Vielmehr handelt es sich um Ensembles, deren Heimat zwar Deutschland ist, deren musikalische Wurzeln und Traditionen aber in den unterschiedlichsten Ländern der Welt liegen. Das Projekt versammelt mittlerweile über 120 Musiker/innen, die Styles reichen von kubanischem Son über kamerunische Bamileke und serbische Ethnomusik bis hin zu UNESCO-geschütztem Quan-Họ-Gesang aus Vietnam. Manche musikalischen Traditionen haben sich in Deutschland erhalten, die in ihrem Herkunftsland schon fast verschollen sind.

Der (gemeinsam mit Mark Terkessidis) künstlerische Leiter des Projekts, Jochen Kühling, hat für VAN eine Playlist zusammengestellt, die sich aus den vorangegangenen »Heimatlieder«-Veranstaltungen speist. Geschrieben hat er uns dazu folgendes:»Vorab: Ich glaube, dass Musik das letzte intakte Kommunikationsmittel dieser Welt ist, das für Verständigung zwischen Menschen unterschiedlichster Herkunft und Gesinnung sorgen kann. Unser Projekt ist das beste Beispiel: Wir verbinden auf der Bühne Menschen aus Deutschland, die sich sonst aufgrund etlicher Barrieren nie kennen lernen würden. Und was bei diesem Prozess herauskommt, ist jedes Mal anders, häufig schlichtweg neu, aber immer positiv, nach vorne gerichtet und ganz offensichtlich mitreißend.«

La Pagliarella (Ulrich Schnauss Remix); aus: New German Ethnic Music Vol. 1

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Im Original wurde La Pagliarella von Donni So, einem italienischen Frauenchor aus Berlin eingesungen. Das Lied stammt aus einem kleinen sardinischen Dorf und erfordert eine sehr spezielle Gesangstechnik. Die Leiterin des Chores war eigens mit ihren Sängerinnen dorthin gereist und hatte sich diese Technik von den drei noch verbliebenen Leuten, die sie beherrschen, zeigen lassen. Ulrich Schnauss hat aus diesem Original ein großes Stück Musik gemacht, das bisher auch unser erfolgreichster Remix war. Aktuell remixt Gudrun Gut unsere zweite Heimatlieder aus Deutschland-CD, die wir in Augsburg aufgenommen haben. Sie wird im Herbst 2016 unter dem Titel Vogelmixe erscheinen.

Amigas Cantan: Ay triste que vengo; aus: Heimatlieder aus Deutschland Vol. 1

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Das Lied stammt aus dem 16. Jahrhundert und wird gesungen von einem Kreis von Berliner Freundinnen, die zusammen in einem spanischsprachigen Chor in Berlin gesungen haben. Der Chorleiter, selbst auch Spanier, zelebrierte neben dem Singen auch das gesellschaftliche Beisammensein, das allen sehr wichtig war. Als er verstarb, zerfiel der Chor. Vier Jahre danach taten sich die Damen wieder zusammen, weil sie bei unserem ersten Konzert mitmachen wollten. Sie suchten sich dann sehr alte spanische Stücke aus, die sie wunderschön interpretierten. Bis heute sind sie nicht wieder zusammen aufgetreten.

Sandra Stupar und Dusica Gacic (heute Ethnogruppe Gora): Duni mi duni, ladjane; aus:  Heimatlieder aus Deutschland Vol. 1

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Mark Terkessidis und ich wussten 2012, vor den Aufnahmen der ersten CD, nicht, welche musikalische Qualität wir letztlich auf der Bühne und im Studio haben würden. Als dann Sandra und Dusica beim Warmsingen waren und mir und unserem Produzenten Zarko Pak (Slowenien) schon die Haare zu Berge standen, rief ich Mark an, der um die Ecke wohnte. Er kam sofort, und dann standen wir da und hörten den beiden zu, wie sie in kürzester Zeit diese tief melancholischen Lieder aus Ostserbien sangen. Das war überwältigend und das erste Mal, dass ich dachte: das ist so überragend, das kann auch in Deutschland keiner überhören.

Quan Ho Chor: Con doyen; aus: Heimatlieder aus Deutschland Vol. 1

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Der Quan Ho Chor kam mit Familie ins Studio. Das war neu: Acht Personen im Studio, zwölf in der Regie. Alle waren sehr nervös, vor allem der Techniker, der Produzent und ich. Als sie das Monochord, eine Art einsaitige E-Gitarre, die auf einem Holzstück liegt, und als Verstärker ein Megafon herausholten, herrschte einige Verwirrung im Studio. Als dann die ersten Gesangsproben kamen, schauten sich in der Regie alle fragend an: Was war das? Wie stellt man zu dieser Musik die Mikrofone richtig? Letztlich haben wir uns bei allem auf den Chor verlassen müssen und einfach gemacht, was uns gesagt wurde. Die Musik war einfach zu andersartig. Heute kann ich die Melodien und auch Textfragmente mitsingen.

Klapa Berlin: Jute san se; aus: Heimatlieder aus Deutschland Vol. 1

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Neun Jungs aus Kroatien und Bosnien kamen ins Studio und sangen mit einer Begeisterung, die uns sofort mitriss. Im Grunde wurde während der Aufnahmesession immer irgendwo gesungen, entweder bei den Aufnahmen, in den Pausen, auf der Toilette oder auf dem Flur. Als sie abends um 23 Uhr das Studio verließen, sangen sie sich selber noch ein Ständchen. Eine Gruppe französischer Studenten kam dazu, und das alles wurde dann ein französisch-kroatisches Wettsingen … auf einem Bürgersteig mitten in Berlin-Kreuzberg. Das passte.

Trio Fado: Toma da la ca; aus: Heimatlieder aus Deutschland Vol. 2 Berlin-Augsburg

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Das Trio ist schon von Anfang an dabei. Mit Obertongesang und Cello gehören sie zu den ungewöhnlichsten Fado-Interpreten, die mir bekannt sind. Maria und Antonio kennen sich seit vielen Jahren, und das merkt jeder, der sie auf der Bühne sieht. ¶