Ich treffe Friedrich Cerha an einem Nachmittag nur wenige Tage vor seinem 93. Geburtstag in seiner Wiener Stadtrandvilla. Am frühen Abend sei ihr Mann am gesprächigsten, hatte mir Ehefrau und Managerin Gertraud Cerha noch am Telefon gesagt. Sie ist es auch, die mir die Tür öffnet. Für ihre 90 Jahre wirkt sie durchaus quirlig – im Verlauf des Interviews ist sie es, die zu jeder Komposition und jedem Konzert ein Detailwissen an den Tag legt, das schon fast beängstigend genau ist (dafür möchte sie sich nicht fotografieren lassen).Friedrich Cerha kommt wenige Minuten nach seiner Frau in das klassizistisch gestaltete Wohnzimmer. Vorbei an dem obligatorischen Flügel, läuft er an aufgehängten Geigen und Lauten, einem gekreuzigten Jesus sowie einem Buddha zu der Sofaecke, wo das Gespräch stattfindet. Im Gegensatz zu seiner Frau spricht Friedrich Cerha sehr bedächtig. Ohne eine erste Frage gestellt zu bekommen, fängt er an zu erzählen: von der Untergrundmusik Wiens im Nachkriegsösterreich, von Wien Modern und seinen Kompositionen.

Friedrich Cerha: 1938 kamen die Nazis. Ich gehöre zu der Generation, die vor dem Krieg – also bevor wir Soldaten wurden – nur bedingt kulturell Fuß gefasst hatte. Ich war noch in der Ausbildung, habe sehr gründlich Theorie und Komposition studiert und wurde dann mit 17 eingezogen. Ich bin zwei Mal desertiert und das zweite Mal aus dem Thüringer Wald zu Fuß nach Tirol gewandert. Glücklicherweise bin ich nicht in die Kampfhandlungen hineingeraten, sonst wäre ich nicht mehr am Leben, als Deserteur. Ich war dann ein halbes Jahr in den Tiroler Bergen, nach den traumatischen Kriegerlebnissen, um mich sozusagen selber zu finden. Das Ende der Nazis war für mich wie eine zweite Geburt. Es gab nichts, was nicht neu war.

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Die zeitgenössische Musik, also die Musik des 20. Jahrhunderts, hatte es in Wien bis zum Anfang der 1960er Jahre sehr schwer, denn an den kulturellen Hebeln saßen noch immer Leute mit einem Nahverhältnis zum Nationalsozialismus, die unter den Nazis die Frontstellung gegen alles Neue unterstützt hatten.

Gertraud Cerha: Beziehungsweise Leute aus dem ›Ständestaat‹ von 1934–38, der ja ästhetisch nicht so weit weg war. Ich meine: Bei den Nazis hat es ›Blut und Boden‹ geheißen und bei den Austrofaschisten ›Heimat und Scholle‹. Es ging, was die Musik betraf, gegen die Wiener Schule. Und die Leute, die im ›Ständestaat‹ dagegen geschrieben haben, so wie der [Joseph] Marx, haben unmittelbar nach dem Krieg in wirklich dominierenden Positionen gesessen …

Friedrich Cerha: ›Entartete Kunst‹, das Wort wurde zwar nicht mehr gebraucht, aber im Grunde genommen hat man so gehandelt. Für uns junge Komponisten, die wir aus dem Krieg zurückgekommen sind, war es ungemein schwer, sich wirklich einen Überblick zu verschaffen von dem, was sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts musikalisch getan hat. Eine Quelle war die Bibliothek der damaligen Musikakademie. Der Bibliothekar bekam 1938 die Anordnung, alle Werke jüdischer oder ›entarteter‹ Komponisten zu vernichten. Das hat er nicht getan. Er hat alle diese Werke im Keller des Hauses versteckt. Das war natürlich eine Fundgrube. Ich habe zum Wochenende rucksackweise Partituren herausgefischt, die wir gespielt haben. Da habe ich die Wiener Schule und alles, was sich bis dahin getan hat in Europa, kennengelernt. Offiziell wurde keine Neue Musik gespielt, ausgenommen die Neoklassizisten: Hindemith, Stravinsky, Groupe des Six, …

Gertraud Cerha: Der Generalsekretär der Konzerthausgesellschaft, der 1946 angetreten ist, hat am ersten Tag 20 Telegramme an Komponisten in aller Welt geschickt. Aber lauter Neoklassizisten. Das war die neue Moderne, die er vor `33 oder `38 kennengelernt hat. Das war für ihn Neue Musik. Es war sehr verdienstvoll, dass er das überhaupt gemacht hat. Und dann gab es die Konzerte der Besatzungsmächte…

Friedrich Cerha: … meistens mit riesigen Aufführungen, die haben auch Leute aus ihrem Heimatland geholt.

Gertraud Cerha: Im ersten Bezirk waren ja alle vier Besatzungsmächte präsent. Und so ist es dazu gekommen, dass absurderweise im Musikverein – der wirklich das Konservativste war, was man sich vorstellen kann – am ehesten Konzerte mit Neuer Musik stattgefunden haben, wenn die Besatzungsmächte Werke aus ihrem Land spielen ließen… Da ist zum Beispiel Messiaen gespielt worden. Die Russen haben am meisten Einfluss gehabt und am meisten selber organisiert.

Friedrich Cerha: Prokofiev, Chatschaturjan, aber noch keinen Schostakowitsch, der war noch verdächtig. Die Amerikaner haben Copland und Barber gespielt.

Es war außerdem sehr schwierig, in Wien Noten zu erwerben. Ich kann mich erinnern, ich habe noch Mitte der 50er Jahre aus Paris die Préludes von Debussy mitgebracht. Aber in einer russischen Buchhandlung im 1. Bezirk hinter der Peterskirche gab es ganz billig Prokofiev und Chatschaturjan.

Aber zurück zu unserer Situation unmittelbar nach dem Krieg: Wir jungen Komponisten hatten keine Möglichkeit zu einer Aufführung zu kommen. Die offiziellen Podien waren uns versperrt. Aber wir waren voller Tatendrang und so hat sich in Wien ein kultureller Untergrund gebildet …

Gertraud Cerha: … in dem es eine nahe Beziehung zwischen Malern, Künstlern und Literaten gab.

Friedrich Cerha: Bei den Malern waren das die Leute des Art Clubs, in dessen Lokal wir auch konzertiert haben. Und wir haben unendlich viele kleine Konzerte selbst organisiert. In Teppichgeschäften, in Buchhandlungen, in allen möglichen Vereinslokalen oder im Frauenclub, das war schön. Das war eine aufregende Zeit. Wir waren immer zusammen und haben unendlich viel diskutiert und Erfahrungen ausgetauscht.Ich habe als Geiger sehr viel Zeitgenössisches konzertiert und bin dadurch auffällig geworden für etliche Leute, auch aus dem Schönbergkreis, also der hiesigen IGNM, der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik. Das Vertrauen dieser Leute habe ich gewonnen. Allen voran [Josef] Polnauers, der Vortragsmeister im Schönbergverein für musikalische Privataufführungen war, dem ich also besonders viel verdanke. Ich habe mit ihm analysiert: Schönberg, Webern, …

Gertraud Cerha: An der Akademie konnte man sich so etwas nicht aneignen. Da war der [Joseph] Marx und alte Nazis.

Friedrich Cerha: Der Marx war ein Konservativer, aber andererseits verdanke ich ihm vieles. Er war ein umgänglicher Mensch. Er hat mich beispielsweise auf Szymanowski aufmerksam gemacht, der mich dann sehr beschäftigt hat. Skrjabin, Tanejew, das war ihm vertraut. Er hat die Literatur gut gekannt.

Friedrich Cerha: Die 50er Jahre waren in Wien die verkalkteste Zeit.

Gertraud Cerha: Das war das Konservativste, wirklich.

Friedrich Cerha: Als Mitte der 50er Jahre die Besatzungsmächte abgezogen waren …

Gertraud Cerha: … ist in der österreichischen Politik mit dem [Julius] Raab ein Superkonservativismus eingetreten, der wirklich tödlich war.

VAN: Wie war das Verhältnis zu Darmstadt? Gab es da Inspirationen für Österreich?

Gertraud Cerha: 1958 sind wir von Darmstadt nach Hause gefahren und haben das Gefühl gehabt, dass wir was tun müssen. Sonst passiert nichts. Boulez war 1955 einmal in Österreich und ist auf ein völlig ahnungsloses Publikum getroffen. Die UE hat einmal Stockhausen eingeladen, aber sonst war Darmstadt absolut der Türöffner.

Friedrich Cerha: Wenn in Wien in den Konzerten der Besatzungsmächte Neue Musik gespielt wurde, haben die Komponisten dominiert, die in ihrem Land anerkannt waren und nicht die jungen und ungewöhnlichen. Das haben wir erst alles in Darmstadt kennengelernt.

Gertraud Cerha: Zur gleichen Zeit hat in der Bildenden Kunst der Karl Prantl die Bildhauersymposien in St. Margarethen gegründet, in Graz ist das Forum Stadtpark entstanden. `58 war offensichtlich ein Zeitpunkt, an dem die jungen Künstler verschiedenster Gattungen das Gefühl hatten: Wenn wir nichts tun, geschieht gar nichts.

Dann haben Sie 1958 mit der ›reihe‹ ihren eigenen Repräsentationsraum geschaffen.

Friedrich Cerha: Wir hatten das Glück, dass die ersten reihe-Konzerte, entgegen aller Erwartungen, voll waren.

Gertraud Cerha: Die ersten beiden Konzerte waren so voll, dass wir für das Dritte schon den Mozartsaal gekriegt haben.

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Friedrich Cerha: Der Titel des Ensembles stammt von Ligeti und wir haben das nicht so sehr – obwohl auch das eine Rolle gespielt hat – auf die Eigenkomposition bezogen, sondern darauf, dass es nicht einzelne Veranstaltungen sein sollten, sondern regelmäßige Konzerte. Und die hat es dann auch gegeben. Wir hatten jedes Jahr mindestens sechs Konzerte. Wir haben dem Publikum in Wien alles gezeigt, was sich musikalisch so getan hat, es war ja vieles so wenig bekannt … Kaum jemand hat Ives gekannt, kaum jemand Varèse.

Gertraud Cerha: Wir haben immer Wert darauf gelegt, klassische Moderne zu spielen und neue Sachen und das alles in einem möglichst sinnvollen Zusammenhang, im ersten reihe-Konzert Webern, (Friedrich Cerha: und Pousseur!) und Boulez. Saxophonkonzert, Quartette, Improvisation von Boulez…

Friedrich Cerha: Im 3. Konzert haben wir die Gruppe um John Cage eingeladen. Das hat einen Skandal ausgelöst. David Tudor, der Pianist aus der Cage-Gruppe, hat Stücke von Morton Feldman mitgebracht, den ich damals noch kaum gekannt hab…

Gertraud Cerha: … Extension One

Friedrich Cerha: … Und wir haben das zuhause gespielt und dann direkt auch im Konzert.

Friedrich Cerha: Ein großes Ereignis war die vom Hans Landesmann organisierte Reihe ›Wege in unserer Zeit‹, 1978 bis 1983. Ich hatte die einmalige Chance, vier Jahre lang sechs Konzerte zu geben im Konzerthaus.

Gertraud Cerha: Als der Landesmann uns zurück ins Konzerthaus geholt hat, hat er gesagt: Bitte lasst euch was einfallen! Es ist jetzt ein Publikum nachgewachsen, das bei euren ersten Konzerten noch nicht da war und es gibt ein Publikum, dass mittlerweile der Meinung ist, Neue Musik wäre furchtbar und fad – also muss man was tun.

Da haben wir im ersten Jahr wirklich nur Grundpositionen der Moderne gemacht. Und diese Reihe war schneller ausabonniert als der Solistenzyklus im Konzerthaus. Da gab es wirklich ein Publikumsbedürfnis. Wagner, Schönberg, …

Friedrich Cerha: … Aber der Landesmann hat uns erzählt, dass er jede Menge Beschimpfungsbriefe bekommen hat, warum das Konzerthaus jetzt auf einmal kommunistische Musik macht. Es war unglaublich.

Sie haben sich früher einmal als entschiedenen Antifaschisten bezeichnet. War das damals ein Problem?

Gertraud Cerha: Nunja, Antifaschist das konnte man schon sagen, aber es wäre ihm übel gekommen, wenn er oft und laut gesagt hätte, dass er desertiert ist. Antifaschist zu sein war wurscht, aber wenn man gesagt hat, dass man Deserteur ist, wurde man geächtet.

Friedrich Cerha: Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht. Auch nicht daraus, dass ich desertiert bin. Ich habe mich immer dazu bekannt.

Sie haben 1988 das erste Wien Modern Symposium kuratiert und im zweiten Jahr waren Sie direkt schon Hauptkomponist. Wie ist es, so eine Institution so lange zu begleiten?

Gertraud Cerha: Bei Wien Modern war es der Abbado, der mit seinem Renommee als Dirigent gesagt hat: Sowas gehört gemacht! Und dann wurde es gemacht. Das war sein Verdienst. Vermutlich hätte es, wenn es nicht unsere lange Arbeit davor gegeben hätte, nicht so funktioniert.

Friedrich Cerha: Ich hab die Direktionsloge im Musikverein noch nie so voller Kulturoberbeamter und Politiker gesehen, wie beim ersten Wien Modern. Das war dann das offizielle Wien, das sagt: Schau her, was wir jetzt hier machen. Vor Wien Modern wäre es niemand anderem gelungen. Da musste jemand von außen kommen, dem der Stadtrat für Kultur wirklich zuhört und der im Ministerium entsprechend gehört wird. Wir hatten dann auch die Möglichkeit, Leute einzuladen. Ein unvergesslicher Abend war im 20er Haus, Merce Cunningham, Robert Rauschenberg und der John Cage waren da.

Gertraud Cerha: Das war ein Abend, an dem die zusammengespielt haben!

Wie nehmen Sie das Festival heute wahr?

Friedrich Cerha: Es gibt, das lässt sich beobachten, bei den Gründungen von Unternehmungen für gegenwärtige Kunst eine gewisse Regel: Man beginnt als Wilder und Ungestümer im Kontrast gegenüber dem gerade Herrschenden. Wien Modern ist heute gealtert, unumstritten anerkannt und nicht mehr ungestüm.

Gertraud Cerha: Es hat natürlich nicht mehr die Frische. Das ist unvermeidbar.

Friedrich Cerha: Mir ist aufgefallen, dass Sie eine schöne Stimme haben, singen Sie viel?

Früher als Knabensopran habe ich viel gesungen. Im Chor und bei Jugend musiziert. Heute leider nicht mehr allzu viel.

Friedrich Cerha lächelt, als hätte er voll ins Schwarze getroffen.

Sie haben über 900 Bilder gemalt, die in Donaueschingen und in Krems ausgestellt wurden.

Friedrich Cerha: Ja, das Niederösterreichische Landesmuseum kauft gerade 10 Bilder…

Inwiefern hängen für Sie Musik und Kunst zusammen?

Friedrich Cerha: Es gibt natürlich gelegentlich Querbeziehungen, wo eine musikalische Anordnung eine Übertragung ins Visuelle nahelegt, aber das ist eigentlich nur ein paar Mal der Fall gewesen.

Dass Bilder Musik initiieren, das gab’s auch. Aber es sind fast Dinge, die gleichzeitig passieren. Man kann kaum sagen, was ausschlaggebend war: die klangliche Vorstellung oder der visuelle Eindruck.

Würden Sie sich dementsprechend als bildender Künstler verstehen? Oder nur als Komponist?

Friedrich Cerha: [überlegt] Es gibt etwas, das kennzeichnend für mich war: Ich war nie ehrgeizig und ich habe nie etwas für meine Karriere getan. Was ich geworden bin, hat sich einfach ergeben.

Im Gegenteil. Ich habe mehrere Schritte gesetzt, von denen ich wusste, dass sie mir schaden würden. Bei einem Festival in Frankreich [Festival international d’art contemporain de Royan, 1976] wurde nur das Allerneuste propagiert, auch von den entsprechenden Musikjournalisten. Mir war das Stolz-sein auf die Aktualität so widerwärtig, dass ich eine klassizistische, an Webern anknüpfende Symphonie geschrieben habe, und mir war klar, dass ich mir damit keinen Dienst erweise. Tatsächlich bin ich dann damit 10 Jahre lang vor allem unter den deutschen Avantgardisten auf Eis gelegt worden.

Das allgemeine Interesse an meinen Kompositionen verdanke ich dem Umstand, dass ich recht gut gegeigt habe. Und mit der Malerei hat sich nichts von selbst ergeben. Es hat auch niemand gewusst.

Gertraud Cerha: Emil Breisach war in den 80er Jahren einmal bei uns und hat auf dem Dachboden die Bilder gesehen und direkt gefragt: Was machst du da und warum weiß das niemand?

Da hat der Breisach dann ganz schnell in Graz eine Ausstellung organisiert.

»Wenn wir nichts tun, geschieht gar nichts.« Friedrich und Gertraud Cerha über Neue Musik im Nachkriegs-Wien und 30 Jahre Wien Modern in @vanmusik.

Woher kommt dann die Inspiration und wie gießt sie sich in eine bestimmte kompositorische Form? Sie haben ja neben neoklassizistischen Prinzipien ebenfalls mit der Zwölftontechnik und anderen seriellen Methoden hantiert und sich in letzter Zeit eher mit der Idee eines kontinuierlichen Klangereignisses beschäftigt.

Friedrich Cerha: Ich wollte nie etwas Bestimmtes mit meiner Musik oder der Malerei erreichen. Ich habe einfach gelebt und die Dinge sind geworden.

Gertraud Cerha: Ich habe neulich mit der Vera Ligeti, die meine beste Freundin ist, ein Interview angeschaut, dass Friedrich `73 gemacht hat, da wurde Ligeti ungefähr das gleiche gefragt. Und da hat György gesagt, dass man Intuition nicht erklären kann. Die ist einfach da.

Friedrich Cerha: Ich vergleiche das gerne mit dem Atmen. Man stellt sich nie die Frage, warum man atmet. Es atmet in einem. Und so ist es mit der Musik. Sie klingt in einem.

Gertraud Cerha: Wenn jemand so wie ich dann von Außen zuschaut, zerbricht man sich natürlich den Kopf darüber, wie jemandem in einem bestimmten Umfeld in einem bestimmten Moment bestimmte Ideen kommen. Und da ist es für mich wirklich kein Zufall, dass ungefähr zur gleichen Zeit auf ganz verschiedene Weise und auf verschiedenem Weg du, Ligeti und Penderecki auf die Idee gekommen seid, mit kontinuierlichen Klangereignissen zu arbeiten.

Es klingelt an der Tür. Ein Bote bringt die neueste Ausgabe von »Eine Art Chansons« von Friedrich Cerha, erschienen bei Kairos, vorbei. Friedrich Cerha ist nicht besonders interessiert. Seine Frau meint, das Cover sei nicht sonderlich gut geworden. Zu dunkel und nicht optimal platziert. Aber auf alles hätte man auch keinen Einfluss.

Haben Sie schon eine Idee für ein nächstes Werk?

Friedrich Cerha: Ich habe mein ganzes Leben sehr viel Kammermusik gespielt, 40 Jahre Streichquartett. Und diese kleinen Besetzungen haben mich immer sehr gefesselt.

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Der große Apparat verlockt, weil er Aufsehen erregt. Ich habe Sammlungen für zwei Geigen geschrieben, zwölf Duette für Geige und Bratsche, dann auch Solostücke wie eine Gitarrensuite und eine Suite für Cello und jüngst auch Stücke für Posaune solo. Mit solchen kleinen Besetzungen ist natürlich nicht viel Staat zu machen und auch nichts zu verdienen, aber es ist mir ein Bedürfnis.

Es gibt keine Woche, in der ich nicht zweimal Streichquartett gespielt habe. Hausmusik fördert die Musikalität oder das musikalische Empfinden enorm. Das ist leider ganz im Zurückgehen. ¶