Oder: eine unnötige Kreuzfahrt in e-Moll. Drei Einspielungen des Cellokonzerts von Edward Elgar, abgehört von Arno Lücker.
Hierzulande halten sich diverse Klischees über englische Musik und englische Komponist*innen. Entsprechende Insulaner des 20. Jahrhunderts etwa, wie Benjamin Britten, seien nie wirklich »modern« gewesen, die Musik der Engländer meistens »brav«, von idyllischen Gegenden des Landes inspiriert, royal zurückhaltend, ja, im fucking schlimmsten aller Fälle sogar: langweilig! Gleichzeitig seien diese Komponist*innen selbstverständlich immer ganz stolze Engländer und Fans der Königsfamilie.Wie das mit Klischees halt so ist: Vieles an ihnen ist nicht (mehr) korrekt – manches aber irgendwie doch. Der englische (kein schönes Wort) »Nationalkomponist« Edward Elgar etwa hat in der Tat einige Märsche und andere patriotische Stücke komponiert. Darunter finden sich Werke wie The Spirit of England op. 80 (1915–1917) für Solisten, Chor und Orchester und selbstredend die Pomp and Circumstance Marches op. 39 (1901–1907). Der erste Marsch dieses Zyklus, vielmehr: sein Mittelteil wurde – pathetisch textiert (Land of Hope and Glory) – quasi zur »dritten Nationalhymne« der Briten (nach God Save the Queen und Rule, Britannia!).Einen »stolzen Engländer« kann man Elgar jedoch nicht nennen. 1904 wurde er zwar zum königlichen Ritter des »Royal Victorian Order« geschlagen und selbstverständlich nahm er 1911 – nach der Uraufführung seiner zweiten Sinfonie – gerne den britischen Verdienstorden »Order of Merit« entgegen. Doch im Grunde betrachtete Elgar die »breite Masse« seiner Landsleute mit Argwohn. Er fühlte sich und seine Musik missverstanden und sprach von der britischen Öffentlichkeit (»British Public«) immer nur in Form der abfällig gemeinten Abkürzung »B. P.« Elgar war also ein durchaus gewöhnungsbedürftiger Zeitgenosse; in einfachen Verhältnissen auf dem Lande aufgewachsen verkraftete er die Erfolge seiner Komponistenkarriere und damit das Angekommen-Sein im Establishment offensichtlich nicht sehr gut.Auch der Tod seiner neun Jahre älteren Ehefrau – die Dichterin Caroline Alice Elgar starb im April 1920 mit 71 Jahren – setzte dem Komponisten sehr zu. Nach ihrem Tod schrieb er bis zu seinem eigenen Lebensende fast kein neues Werk mehr. Deswegen spricht man von Elgars Cellokonzert als dessen »letzte große Komposition«.Trotz der Zugänglichkeit der Komposition verlief die Uraufführung dieses feinen, englischen, klagenden, idyllischen wie phasenweise (dezent) dramatischen Stücks Musik am 27. Oktober 1919 alles andere als erfreulich. Felix Salmond war der Solist – und Elgar dirigierte höchstpersönlich das London Symphony Orchestra. Doch der Dirigent der zweiten Konzerthälfte Albert Coates (1882–1953) hatte die Probenzeit für Alexander Skrjabins Le Poème de l’Extase (1910) derart überzogen, dass – wie so häufig bei Uraufführungen – an dem eigentlich neuen Stück, nämlich Elgars Cellokonzert, viel zu wenig geprobt werden konnte. Elgars Frau Alice notierte nach der Premiere ärgerlich: »Eine Beleidigung für Edward von diesem brutalen, selbstverliebten, schlecht erzogenen Lump Albert Coates! Eigentlich wollte Edward die Uraufführung ausfallen lassen, doch er tat dem Solisten Felix Salmond den Gefallen…«Auch die Presse war alles andere als amused. In der Konzertrezension von Ernest Newman heißt es: »Wahrscheinlich hat sich dieses Orchester nie zuvor in einem öffentlichen Konzert in einem so jämmerlichen Zustand präsentiert.« Nichtsdestotrotz gehört Elgars Cellokonzert heute zum großen Repertoire aller Cellist*innen weltweit – und wird so gerne und häufig aufgeführt wie die entsprechenden Werke von Antonín Dvořák und das erste Konzert von Dmitri Schostakowitsch.
1. Satz: Adagio – Moderato
Jacqueline du Pré (Violoncello) • London Symphony Orchestra • Sir John Barbirolli (Leitung) • (Studio-Aufnahme, 1965)
In der Interpretationsgeschichte von Musik stechen zwei bekannte Werke heraus, die beinahe eher mit der/dem jeweiligen Musiker*in verbunden werden als mit dem Komponisten: Die Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach in den zwei Einspielungen Glenn Goulds und das Cellokonzert von Elgar in der Interpretation der 1987 früh an Multipler Sklerose verstorbenen Jacqueline du Pré.
Die oben erwähnte »britische Naturverbundenheit« lässt sich dem Cellokonzert übrigens sehr wohl ablauschen. Der berühmte, klagende Beginn mit den Akkorden des zunächst (fast) ganz allein anhebenden Solo-Cellos wird nach wenigen Momenten von einem pastoralen Thema abgelöst. Der wiegende 9/8-Takt, der friedliche Gestus dieses zunächst nur von den Bratschen gespielten Gesangs: Man könnte an die kleinen Bäche von Elgars Heimat, den West Midlands, denken. (Wenn dort die Akustik für die Aufführung eines Cellokonzerts nur nicht so schlecht wäre.) Der pendelnde 9/8-Rhythmus bestimmt den ganzen ersten Satz. Die Musik vermittelt, trotz allem Klagen, so etwas wie »Einverständnis mit dem eigenen Schicksal« – von einigen Fortissimo-Ausbrüchen des Orchesters, jeweils mit dramatischer solistischer »Vorbereitung« abgesehen.
Im hörenden Rückblick geht du Pré die beiden berühmten Anfangsakkorde fast hektisch an. Sie klingen nicht nach zwei halben Noten. Dafür stimmt die Intensität. Das fragende Heranschleichen an das Thema der Bratschen spielt du Pré mit vollem, niemals brechenden Ton. Dieser Ton kommt aus einer anderen Interpretationsepoche; bewusste Hässlichkeit galt als unerwünscht, dafür – herrlich! – waren Glissandi noch erlaubt. Und deren ereifert sich du Pré angesichts der vielen Lang-Kurz-9/8-Schön-Langweiligkeiten des Satzes. Die Noten wollen schließlich miteinander verbunden sein. Und irgendetwas muss ja passieren. Du Prés Kunst ist es, solistisch immer präsent zu sein, ohne dass sich das Gefühl einschliche, die Solistin müsse zu sehr pressen oder sich in den Vordergrund spielen.
Leider ist die Aufnahmequalität der Einspielung von 1965 nicht besonders gut. Das London Symphony Orchestra könnte zaubern, das profunde Instrumentationshandwerk Elgars spielerisch-freudig angehen. Das passiert nicht. Jeder Ton stimmt irgendwie. Mehr aber auch nicht. Einzelne Paukeneinsprengsel im Pianissimo erklingen dann einfach nur Mezzoforte. Doch die Wiederkehr der Anfangsakkorde in gezupfter Form macht alles wieder gut. Wie lange kann ein Cello-Pizzicato klingen? Du Pré führt es vor – und geht dabei in ihrer Innigkeit sogar so weit, dass ihre Saiten beim dritten Akkord auf das Griffbrett zurückschlagen. Ein unfreiwilliges Bartók-Pizzicato. Dem Ausdruck geschuldet. Nicht nur verzeihlich, sondern schön!
2. Satz: Lento. Recitativo – Allegro molto
Jacqueline du Pré (Violoncello) • London Symphony Orchestra • Sir John Barbirolli (Leitung) • (Studio-Aufnahme, 1965)
Besonders originell und erfrischend ist der zweite Satz des Cellokonzerts (Lento. Recitativo – Allegro molto), der unmittelbar an den Ersten anschließt. Zunächst zitiert die/der Solist*in die Anfangsakkorde des ersten Satzes – dieses Mal allerdings gezupft. Nach einem kräftigen Aufschwung im Orchester ertönen schließlich die ersten kurzen Allegro-molto-Einsprengsel des Cellos: wie ein Naturlaut, ein belebendes musikalisches Element. Diese huschenden Cello-Figuren werden schnell wieder abgelöst von gezupften Akkorden; dazu ertönt gar, als symbolisch einkomponiertes »Natur-Instrument«, das Horn im gedämpften Pianissimo. Die flinken »Naturgeräusche« des Cellos erklingen bald virtuos in allen Lagen des Soloinstruments: Aus dem »zufälligen Naturlaut« wird ein sprudelnder Bach…
Du Pré bringt ein Spiel voller Mendelssohn-Sommernachtstraum-Huschigkeiten zu Gehör, grätscht lustvoll dazwischen, fiept, summt, kitzelt – und stachelt sogar das allzu routinierte Orchester zu endlich inspirierten Dingen an.
Wunderbar, wie sie dann in einem kurzen Einschub, der an die Traurigkeiten des ersten Satzes gemahnen soll, voller Mütterlichkeit inmitten von Scher(z)ereien zu sagen scheint: »Halt! Eigentlich ist die Geschichte, die ich euch erzähle, eher wehmütig.«
3. Satz: Adagio
Jacqueline du Pré (Violoncello) • London Symphony Orchestra • Sir John Barbirolli (Leitung) • (Studio-Aufnahme, 1965)
In einem e-Moll-Konzert würde man die Tonart B-Dur für einen der Einzelsätze als Letztes erwarten. Der Quintenzirkel wird ad absurdum geführt. Umso losgelöster wirkt das fast kurze – also abermals eher intermezzoartige – Adagio. Du Pré zieht ihre großen B-Dur-Linien und betont die Andersartigkeit dieses Satzes. In himmlischster Weise feiert sie die kleinen Decrescendi an den Phrasen-Enden. Nachlassende Kraft, aber umgewandelt zu einer tröstenden Geste für die (bald) Hinterbliebenen.
Unfassbar geschmackvoll, wie du Pré es vermag, Töne durch Mini-Glissandi zu verbinden, so, wie in Takt 12. Das Diminuendo im Übergang zum »Pianissimo dolcissimo« übergeht sie fast. Sie will, sie sucht, sie bekommt die Linie hin. Jaja, das ewige Vabanque-Spiel zwischen expressiver Auskostung der kleinteiligen Spielanweisungen und dem großen, zusammenhängenden Gesang… Hier gelingt es. Und doch steht die Zeit still. Du Pré ist nicht tot.
4. Satz: Allegro – Moderato quasi recitativo – Allegro, ma non troppo – Poco più lento
Jacqueline du Pré (Violoncello) • London Symphony Orchestra • Sir John Barbirolli (Leitung) • (Studio-Aufnahme, 1965)
Ein Moment großer Kraft und Wirkung: Die ausdrucksvollen, leidenschaftlich aufbegehrenden Anfangsakkorde kehren zu Beginn des zweiten Satzes und ganz am Ende des Konzerts wieder. Die Taktik des komponierten Rückbezugs am Ende des Werkes – im Sinne eines: »Hier schließt sich der Kreis!« – wendete Elgar schon in seinem Violinkonzert aus dem Jahr 1910 erfolgreich an.
Etwas knöchern und störrisch beginnt das London Symphony Orchestra den letzten – weit ausgedehnten, zersprengten, genialen – Satz des Konzerts. Das dürfte mehr nach Dvořák klingen – und weniger nach irgendetwas Deutschem, von Karajan Dirigiertem… Du Pré dagegen geht volles Risiko und wirft sich mit all dem, was sie hat, in die Töne, in plötzliche Gesten, Aufbegehrungen, Klagen…
Dabei könnte sie manchmal kammermusikalischer vorgehen und Crescendi auch wirklich als Crescendi realisieren. Heute würde sie vermutlich alleine mit einem Orchester proben – und schauen, was alles geht… Unter Sir John Barbirolli spielte man als Londoner »Gentleman« egal-gediegen mit, während sich »die Frau da vorne« halt singend, elegisierend, irisierend austoben durfte. »Lass sie mal machen.« Nun ja. Gott sei Dank haben sich die Zeiten geändert.
1. Satz: Adagio – Moderato
Yo-Yo Ma (Violoncello) • Baltimore Symphony Orchestra • David Zinman (Leitung) • (Live-Aufnahme, 1994)
Wesentlich dichter, näher beieinander als du Pré stellt Yo-Yo Ma (bei einem Live-Konzert in Tokyo 1994 mit dem Baltimore Symphony Orchestra unter David Zinman) die beiden Anfangsakkorde in den Raum hinein. Den Schlusston der ersten Passage bricht Yo-Yo Ma leider unerfreulich zäh und abrupt ab. Irgendwie scheint auch die Intonation am Ton-Ende ein wenig zu flackern. Mmh. Schmeckt komisch.
Ganz schön, doch irgendwie zu amerikanisch sportlich-forsch nimmt Yo-Yo Ma den ewig wiegenden Rhythmus der tiefen Streicher anschließend auf. Hier dürfte sich der Interpret im Pianissimo zunächst vollkommen hilf-, leb- und hoffnungslos verirren. Denn niemand, wirklich niemand muss dieses Thema erst einmal »dem Publikum zu Gehör bringen«. Das kommt so oft, ewig wiederholt… Mit diesem Material müsste man mal viel experimenteller spielen!
2. Satz: Lento. Recitativo – Allegro molto
Yo-Yo Ma (Violoncello) • Baltimore Symphony Orchestra • David Zinman (Leitung) • (Live-Aufnahme, 1994)
Ein wenig zu »gemacht« klingen die besonderen Momente des zweiten Satzes im Zusammenspiel von Solisten und Orchester. Erst als Yo-Yo Ma alleine in die Saiten greifen darf, ist die Intensität und das Drama da, das man hier braucht. Trotz englischer Elgar-Zurückhaltung. Jedoch, Yo-Yo Ma ist ein sehr souveräner Interpret, der den Elfenzauber du Prés nie erreicht; dafür ist eine Menge Musikantentum und Wohlfühl-Atmo am Start.
3. Satz: Adagio
Yo-Yo Ma (Violoncello) • Baltimore Symphony Orchestra • David Zinman (Leitung) • (Live-Aufnahme, 1994)
Was schließlich bei Yo-Yo Ma gar nicht geht, das sind die als Selbstverständlichkeiten wegmusizierten Seufzer gen Himmel zu Beginn des Adagios. Ernsthaft? So? Was genau ist das Problem? Bald kommen bei tiefen Tönen sogar Intonationsprobleme hinzu. Das Orchester begleitet so, wie Orchester auf Tournee häufig Solisten begleiten: »irgendwie«. Da murmelt es während der Solo-Passagen so dahin. Alle warten nur darauf, was der große Yo-Yo Ma macht. Gibt es dann mal ein Mini-Zwischenspiel des Orchesters, wird dieses hinausposaunt im Sinne: »Hey, wir sind auch noch da! Und hört mal! Hier, zwei Takte nur von uns, haha!« Nicht sehr hörenswert.
4. Satz: Allegro – Moderato quasi recitativo – Allegro, ma non troppo – Poco più lento
Yo-Yo Ma (Violoncello) • Baltimore Symphony Orchestra • David Zinman (Leitung) • (Live-Aufnahme, 1994)
Immerhin mit angemessener Ruppigkeit geht das Orchester dann den Finalsatz an. Schade, sehr schade nur, dass Yo-Yo Ma, wie übrigens schon zuvor, die von Elgar im Notentext verzeichneten Atempausen, die Anlässe für besondere Momente bieten würden, vollkommen verschluckt. Wie kann man nur über die wichtigsten Details so hinwegreiten? Die Aufnahmequalität gibt einem den Rest. Die ganzen schönen Elgar-Einsprengsel – Klarinettenakzente und andere Holzbläser-Zwischenwürfe – gluckern unter im Tourneestrudel des ewig gleichen Orchesterbetriebsamkeitsseegangs. Eine unnötige Kreuzfahrt in e-Moll.
1. Satz: Adagio – Moderato
Sol Gabetta (Violoncello) • Danish National Symphony Orchestra • Mario Venzago (Leitung) • (Studio Aufnahme, 2010)
Viel Zeit lässt sich zu Beginn Sol Gabetta in ihrer Einspielung mit dem Danish National Symphony Orchestra unter Mario Venzago. Der vierte Cello-Akkord klingt dabei so schülerhaft ausgeholt und beinahe ironisch distanziert, dass man schon fast keine Lust mehr hat. Die Aufnahmequalität und die Durchhörbarkeit des sehr feinen dänischen Orchesters dagegen entschädigen auf irritierende Weise für das gähnend ins Haus gelieferte Sperrholz.
Bereits die erste Themen-Aufnahme beziehungsweise -fortführung Gabettas spielt sich fernab jeglicher Potentiale dieser Musik ab. Das ist erstens kein Pianissimo – und zweitens verhindert der auf »Schönheit« und »Lautstärke« gezüchtete Ton jede Möglichkeit der Einlassung auf dieses – seien wir ehrlich: eh manchmal nervige – ländlich-englische Idyll. Warum muss Gabetta so losdröhnen? Jeder Ton wird einzeln anvibriert, jede Phrase sagt: »Hier bin ich! Ich bin eine tolle Solistin, die laut spielen kann!« Doch hinter dem offensiven – aber nie wirklich schönen, ehrlichen – Ton: ein fades Opus-Klassik-Nichts. Ein Behaupten. Ein Abklatsch von irgendwas. Erzähl mir diese Musik doch mal neu! Übertreibe! Lass dich fallen! Gib deinen Abonnementsklang ins Museum ab! Du bist zu nett!
2. Satz: Lento. Recitativo – Allegro molto
Sol Gabetta (Violoncello) • Danish National Symphony Orchestra • Mario Venzago (Leitung) • (Studio Aufnahme, 2010)
Interessanter wird es bei Gabetta tatsächlich im zweiten Satz. Hier wimmert sie Phrasenenden sehr schön weg… Zwar alles etwas kitschig, einen Hauch zu »präsentiert«, aber immerhin. Toll, wie konzentriert Venzago das Orchester wirklich Ereignis werden lässt. Da geschieht viel mehr als man sonst so denkt. So muss das, so kann das sein! Gabetta betont jetzt einzelne Töne, aus sich selbst heraus, lässt Gesten verklingen. Und sogar das kammermusikalische Miteinander mittels schnellster Imitationen im Zwiegespräch mit dem Orchester gelingt. Gabetta kennt zwar immer noch kein wirkliches Risiko, keinen radikalen Ansatz, keine innovativ-aufregende Verfilmung dieses Streifens auf Kolophonium. Aber das passt schon.
3. Satz: Adagio
Sol Gabetta (Violoncello) • Danish National Symphony Orchestra • Mario Venzago (Leitung) • (Studio Aufnahme, 2010)
Sensibler als Yo-Yo Ma, doch wieder viel zu sehr mit Ansage versteht Gabetta die so schönen Seufzer des Adagios. Aus Verlegenheit (?) verlängert sie die decrescendierten Achtelnoten zu Vierteln – und zieht damit der Besonderheit dieser Momente komplett den Zahn. Das Stringendo nach ein paar weiteren Takten spürt man überhaupt nicht. Das könnte aufregend, leidenschaftlich sein; man könnte diese Augenblicke als Variationen zu den Themen »Hoffnung«, »Suche«, »Ringen« inszenieren. Doch das Ganze steht als bloßes Normalo-Adagio im Raum. Hach, wie schade, Mensch.
4. Satz: Allegro – Moderato quasi recitativo – Allegro, ma non troppo – Poco più lento
Sol Gabetta (Violoncello) • Danish National Symphony Orchestra • Mario Venzago (Leitung) • (Studio Aufnahme, 2010)
Durchaus aufregend und voranpreschend exponiert das Orchester den Beginn des letzten Teils. Doch schon bei dem ersten Einsatz Gabettas steigt der Hörduft des entweder zu gleichen, zu sonoren, zu vordergründigen oder – wie hier – zu käsigen Tons in die Ohren. Ganz musikantisch schließt sich Gabetta dem Orchester an. Klar ist hier Handwerk und Erfahrung. Doch da! Ein kurzer rhapsodischer Einschub Elgars! Die Möglichkeit einer Insel! Gabettas Antwort jedoch: Routine. Man bleibe einfach bei du Pré. ¶