Als ich neu an der Musikhochschule war, habe ich mich über einige Dinge gewundert: Warum kann man bis 24 Uhr üben, aber nur bis 16 Uhr trinkbaren Kaffee kaufen? Wie kann eine so kleine Hochschule in so großem Stil jedes Semester aufs Neue die Kurs- und Prüfungsanmeldung vergeigen? Und: Warum studiert man klassisches Saxophon? Auf die letzte Frage habe ich jetzt eine Antwort gefunden. Sie heißt Asya Fateyeva, geboren 1990 auf der Krim. Als sie zehn Jahre alt war, mopste sie ihrem Vater das Saxophon, das er eigentlich für sich gekauft hatte und startete sofort durch (dafür hat sie heute eine ziemlich bescheidene Erklärung parat: »Ich hatte das Glück, gleich eine hervorragende Lehrerin zu finden«.) Vier Jahre später zog die Familie nach Deutschland, Fateyeva ein Jahr drauf fürs Studium nach Köln. Sie studierte außerdem in Paris, Lyon und Hamburg. Mittlerweile unterrichtet sie selbst an der Musikhochschule Münster und tritt unter anderem mit den Wiener Symphonikern, den Moskauer Virtuosen, dem Tschaikowski Rundfunksymphonieorchester, der Ukrainischen Nationalphilharmonie und dem Staatlichen Sinfonieorchester Istanbul auf.In VAN teilt sie ihre persönliche Best-Of-klassisches-Saxophon-Playlist.

Paul Maurice, Tableaux de Provence

Mit diesem Werk verbinde ich vor allem meine ersten Jahre mit dem Saxophon. Der zweite Satz, Chanson pour ma mie, war eins meiner ersten Stücke. Mit 12 Jahren bin ich dann mit dem Zug zur European University of Saxophone nach Gap gefahren. Dabei musste ich in Aix-en-Provence umsteigen und war plötzlich genau an dem Ort, den ich mir beim Spielen immer ausgemalt hatte.

Henri Tomasi, Saxophonkonzert

Dieses Stück handelt laut Jean-Marie Londeix (der diese Hintergrundgeschichte wiederum direkt vom Komponisten hat) von der verbotenen Lovestory zwischen einer Nonne und einem Mönch. Dazu kommt der interessante Aufbau und eine ungewöhnliche Harfenbegleitung in der Saxophonkadenz. Das Concerto war das erste Stück, das ich in Deutschland mit Orchester, den Bochumer Symphonikern und Rasmus Baumann, gespielt habe. Damals war ich 16.

Henri Sauguet, Sonatine bucolique

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Eine malerische Sonatine, wie der Name schon sagt. So fein und wechselhaft, wie es nur die Natur sein kann…

Jean-Denis Michat, Shams, 1. Satz

Nach den Saxophon-Meisterkursen mit Jean-Denis Michat war ich schon als Zwölfjährige von seiner Persönlichkeit fasziniert und habe seine beiden CDs hoch und runter gehört. Woran ich damals noch nicht im Traum dachte: Dass er irgendwann mein Lehrer werden und mir ein Stück widmen würde. Und dass ich selbst eine Aufnahme von Shams machen würde.

Takashi Yoshimatsu, Fuzzy Bird Sonate

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Diese Sonate hört man als Saxophonist sehr, sehr oft. Mit 17 bin ich, nachdem ich den Yamaha-Wettbewerb in Hamburg gewonnen hatte, das erste mal nach Japan gereist. Ich war fasziniert von diesem Land und traf auch Herrn Nobuya Sugawa san persönlich.

Vor einem Monat war ich wieder in Japan und begeistert, wie beliebt das klassische Saxophon dort mittlerweile ist – dank seinem Einsatz.

Jacques Ibert, Concertino da camera

Eines der ersten Solokonzerte für das Saxophon. Nach der Erfindung im 19. Jahrhundert wurden für das Saxophon zahlreiche Fantasien geschrieben – und pièces de salon, denn in solchen Salons stellte der Erfinder Adolphe Sax sein Instrument häufig vor. Schon Bizet und Massenet komponierten für Saxophon als Teil des symphonischen Orchesters. Die ersten Solokonzerte kamen dann aber erst ein paar Jahrzehnte später, neben Ibert von Alexander Glasunow und Edmund von Borck.

Anton Webern, Quartett op. 22

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Ich finde es erstaunlich, wie oft und furchtlos das Saxophon in der Zweiten Wiener Schule eingesetzt wurde. Man denke dabei nur an die Saxophonsoli in Alban Bergs Lulu oder sein Violinkonzert. ¶