Date 18.4.2018

Das 8. Mal ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln – 14 Tage, 56 Veranstaltungen, 17 Uraufführungen, über 77 Stunden Musik unserer Zeit. Und: ein 100. Geburtstag, nämlich von Bernd Alois Zimmermann, der das diesjährige Motto »Metamorphosen – Variationen« ganz besonders verkörperte und darum als Porträtkomponist im Zentrum des Festivals steht. Zimmermann selbst konnten wir natürlich nicht mehr interviewen, dafür haben wir mit einer Komponistin, einem Dirigenten und zwei Musikern, die in den kommenden Wochen in Köln anzutreffen sein werden, gesprochen.

Anlässlich des 100. Geburtstags von Bernd Alois Zimmermann bringt die Oper Köln am 29. April und am 3. Mai Die Soldaten, jenes Werk, dessen Uraufführung in der Domstadt 1965 in der öffentlichen Wahrnehmung bis heute nachwirkend als das wohl bedeutendste Ereignis in der Nachkriegsgeschichte des Opernhauses gilt. Die musikalische Leitung wird François-Xavier Roth übernehmen. Mit VAN sinnierte Roth vor seinem Amtsantritt als Kapellmeister des Gürzenich-Orchesters darüber, inwiefern die Kölner Freundlichkeit mit den Bausünden der Stadt zusammenhängt und welche die schönsten Schockmomente der Musikgeschichte sind.

Sarah Nemtsovs Journal (2015) für verstärktes Ensemble (Bariton-Saxophon, Posaune, Cello (mit distortion-Pedal), Akkordeon und Keyboard) wird im Rahmen von ACHT BRÜCKEN im electronic ID-Konzert am 30. April zu hören sein.  Electronic ID meint dabei die auf digitale Spuren im Netz reduziert Identität: Das ehemals Individuelle teilt sich in Datenpakete, verstreut auf Suchmaschinen, Social Media und Shoppingportalen. Beinahe über das genaue Gegenteil sprach die Komponistin mit VAN: Die Haptik und das Schnitzen von Oboen-Röhrchen, den Umgang mit Buh-Rufen im Konzertsaal und Möglichkeiten der Modulation, ohne in die Tonalität zurückzufallen.

Warum sollte man beim Komponieren jedes Detail genau festlegen, wenn man den Ausführenden doch auch Freiräume lassen und so noch spannendere Ergebnisse erzielen kann? Dieser Gedanke führte zum Konzept der »offenen Form«, das Rebecca Saunders neuer Komposition Dust, die sie dem Schlagzeuger Dirk Rothbrust gewidmet hat und die bei ACHT BRÜCKEN am 3. Mai uraufgeführt wird, zugrunde liegt. Mit VAN sprach der Schlagzeuger über tighte Ensembles, Frank Zappa und Stockhausen – und lieferte gleich ein bisschen musikalischen Input zum Nachhören mit.

Todessehnsucht und die Hoffnung auf Erlösung – dieses Thema verbindet Bachs Bass-Kantate BWV 56 mit dem berühmten Schlusschoral Komm, o Tod, du Schlafes Bruder, das Adagio aus Gustav Mahlers unvollendeter zehnter Sinfonie mit seinen gegen Ende einbrechenden Choralklängen und Bernd Alois Zimmermanns Ich wandte mich und sah an alles Unrecht, das geschah unter der Sonne mit dem abschließenden Bach-Choral Es ist genug, Herr, wenn es dir gefällt, so spanne mich doch aus. Georg Nigl übernimmt den Gesangspart im Konzert am 10. Mai. Der Bariton ist Experte für Partien, die sich inhaltlich am Rande des Abgrunds bewegen. In VAN erklärt er unter anderem: »Ein verliebter Trottel wie Romeo interessiert mich ned.« Dem Abgrund ganz nah war auch Bernd Alois Zimmermann, als er Ich wandte mich … schrieb. Fünf Tage nach der Fertigstellung der Partitur nahm sich der Komponist das Leben.