… zum Podium Festival in Esslingen, das in der kommenden Woche beginnt.

Text · Foto © Leo Higi · Datum 6.4.2016

»Das Podium Festival ist mittendrin in der Diskussion um ein zeitgemäßes Kuratieren von Aufführungen klassischer Musik. Die scheint sich bei diesen Menschen ziemlich wohlzufühlen, und das merken die Zuschauer.« So hieß es in VAN nach dem Besuch vor zwei Jahren. Viele Festivals geben sich ätherische und allzu breite Motti, »Zukunft«, »Bewegung«, »Wagnisse«. Podium in Esslingen ist aber vor allem deswegen erfolgreich, weil den einzelnen Konzerten eine präzise, konkret fühlbare Programmatik innewohnt. Es gibt zu jedem einen Rahmen, Leitgedanken; was genau gespielt wird, ist dagegen geheim bis kurz vor Beginn. Ein kurzes Telefonat mit Steven Walter, Gründer, Leiter, Cellist und Prototyp des interessegeleiteten Kulturmanagers.

Wie geht man so was an, wer denkt sich die Formate aus?

Der Planungsprozess besteht eigentlich im Wesentlichen im Filtern von Ideen, die von den vielen, meist jungen und meist ehrenamtlich arbeitenden Leuten kommen. Das wird dann zusammen weitergedacht, und es gibt dann über das Team hinaus auch sehr früh eine Öffnung, wo das in so einer fluiden Online-Community hin- und hergegeben wird. Die Musiker/innen sind auch früh in der Planung dabei, aber dadurch, dass es dieses größere Planungsteam gibt, hebt das nicht ab in so eine Musiker-hermetische Denke.

In diesem Jahr scheint der Fokus noch stärker auf dem Raum, der Szenerie und der Erzählung zu liegen. Sind die Musiker/innen manchmal auch ein bisschen genervt, weil sie eigentlich nur Konzerte spielen wollen?

Na ja, die meisten, die dieses Jahr dabei sein werden, kennen das ja schon. Außerdem ist die Bereitschaft, sich auf diese Formate einzulassen, ja auch so etwas wie ein implizites Selektionskriterium. Es ist halt wichtig, dass wir immer von der Musik ausgehen, nicht von den Formaten, das ist für die Musiker einleuchtend, das macht ihnen Spaß.

Ihr habt eine sehr junge, direkte Ansprache in der Kommunikation, es gibt diesen Fokus auf das Gefühl, das Erleben, auf innere Zustände – geht da der klassische Konzertgänger mit?

Das ist erstaunlich, die klassischen Konzertgänger aus dem schwäbischen Bildungsbürgertum sind neben den Jungen auch voll dabei. Viele jedenfalls.

Immerhin gibt es so eine romantische, innerlichkeitsbetonte Ader ja auch in der Geschichte dieser Gegend, wer weiß, was ihr da für einen verborgenen Nerv trefft.

Auf jeden Fall! Ich würde unseren Ansatz grundsätzlich als einen romantischen bezeichnen.

Esslingen, diverse Orte, 14.–23.4.

Bei VAN gibt es Karten zu gewinnen für »Szenen der Frühe« (eine Produktion über Robert Schumann mit dem Regisseur Daniel Pfluger) und für das Konzert/Party DiscoDisco. Steven Walter über die beiden Veranstaltungen: »Man kann sich ›Szenen der Frühe‹ als Konzert vorstellen, das über Tanz, Animation und Theater die Bodenhaftung verliert und ein Psychogramm wird. Und DiscoDisco ist ein szenisches Konzert, bei dem ein Kammerensemble zu einer Beat-Maschine wird und dadurch eine physische Situation entsteht, die zum Tanzen ist, von der klassischen Form zu etwas rauschhaften, kollektiven.«