»Ich stelle diese Liste als ein Art Hommage, als merkwürdige Hommage an das Violinkonzert von Ligeti zusammen, weil das sich weigert, mir nicht im Kopf herumzugehen«, schreibt Pekka Kuusisto.

»Ich wollte ein paar Youtube-Links finden, die mit verschiedenen Aspekten des Konzerts zu tun haben, die ich als inspirierend oder auch als lustigen Zeitvertreib empfunden habe, während ich daran arbeitete. Inzwischen habe ich es oft genug gespielt, um keine Angst mehr davor zu haben. Als ich es aber einübte, waren da so viele geigerische Herausforderungen zu bewältigen, dass eine lebendige, atmende, singende Annäherung an die Musik schwierig war. Gut, dass es ein Werk ist, das aus dir einen besseren Musiker herausquetscht, wenn du ihm nur genug Liebe widmest – jetzt fühlt es sich so an, dass ich mich innerhalb der Formen und Klänge mit einer gewissen Leichtigkeit bewegen kann. Es ist immer noch ein Monster, aber ich reite es.«

Also gut, los geht es.

Daniel Gonora und sein Sohn Isaac

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Vor ein paar Monaten habe ich mir dieses Video ungefähr hundert Mal angeschaut, als ich nach afrikanischer Musik mit maximalem Groove gesucht habe, um bei einigen Passagen im ersten Satz des Ligeti-Violinkonzerts weiterzukommen. Wenn ich das hier richtig verstehe, ist der blinde Gitarrist und Sänger Daniel Gonora und der Schlagzeuger ist sein Sohn Isaac. Der Drive im Rhythmus des Riffs ist hypnotisierend, die Stimme ist voll mit Dringlichkeit und gleichzeitig mit Freude; die angeberischen Fill-Ins vom Schlagzeug sind lustig und brilliant – diese Musik drückt die grundlegenden Knöpfe: Tanz, Gemeinschaft, Liebe und Glücklichsein.

Salvador Palmu: m0R3tH4Nw0rD5

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Salvador Palmu ist der Künstlername eines Finnen, der die großartige Idee hatte, Vinyl-Singles nicht-zentriert auf den Plattenspieler zu legen und dadurch »physische Remixe« zu erzeugen. Die Nadel nimmt den Groove in variierender Geschwindigkeit auf, durch das leiernde Drehen gerät die Musik geradewegs in eine sich dehnende, sich stauchende Art von Hölle, in unterhaltender, fesselnder Manier. Einem zerspielten, etwas kitschigen Liebeslied wie More Than Words beim Seekrank-werden zuzuhören ist glorreich und irgendwie sehr befriedigend. Es erinnert mich daran, was die Okarinas und Blockflöten mit der lieblichen Arie im Ligeti-Konzert machen.

Beethoven: Eroica-Eröffnungsakkorde

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Ein Konzept, das Ligeti geliebt hätte: Setz’ die Kopfhörer auf, dreh’ den Sound hoch und öffne das Video in 12 verschiedenen Tabs im Browser. Ich glaube, dafür ist das Internet da. Du kannst zwischen den Tabs und Fenstern wechseln, manche kurz pausieren, wieder starten, die jeweilige Lautstärke verändern und so weiter – und auf diese Weise den Mix vielschichtiger machen.

Hey Exit: Every Recording of Gymnopédie No. 1 von Satie (gleichzeitig)

Das Gleiche wie mit den Eroica-Akkorden, aber zu einem ganz anderen Zweck. Mach einfach wieder einen Haufen Tabs mit dieser Soundcloud-Seite auf, drücke in allen Ansichten auf Play und fließ’ dahin.

(Anm. d. Red.: Offenbar geht dieses Prozedere bei Soundcloud nicht so gut, weil immer nur ein Soundcloud-Tab/-Fenster pro Browser abgespielt werden kann. Tipp: Verschiedene Browser benutzen, zur Not noch weitere installieren. Das Stück ist allerdings auch so schon ein wunderschöner Hack.)

Steve Reich: It’s Gonna Rain

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Ich habe eine tolle CD mit dem Titel African Rhythms gehört, wo die Aka-Pygmäen traditionelle Musik spielen und Pierre-Laurent Aimard dazu verschiedene Sachen von Reich und Ligeti. Das brachte mich zum Nachdenken über dieses frühe Tape-Stück von Reich, It’s Gonna Rain, wo Schnippsel mit Sprache auf vielerlei elegante Weise geloopt werden, was dazu führt, dass die Bedeutung der Sprache immer weiter verblasst. Ich mache mir manchmal Sorgen, dass ich die Message von Stücken verliere, an denen ich unablässig übe – so dass ich, wenn das Konzert kommt, dann nur noch die technische Durchführung schwieriger Stellen im Blick habe und nicht mehr kommunizieren kann. Meistens hilft es mir dann, traditionelle fiddle music zu spielen.

JPP, die finnische Fiddle-Band

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Meine Sucht nach verschiedenen traditionellen Musiken begann vor etwa 18 Jahren beim Kaustinen Folk Music Festival, bei der Release Party zum JPP-Album String Tease und dem Auftritt von JPP. Wenn man neugierig auf verschiedene altertümliche Musik ist, rückt das viele Dinge in die richtige Perspektive – mir hat es beim Handling mit meinem Instrument geholfen, mich dazu ermutigt, meine Stimme zu benutzen, und es hat das Auftreten für mich weniger kompliziert gemacht. Dieses Video ist nur ein zufällig gefilmter Gig in Norwegen, aber ich rate euch: Kauft ein Album oder geht zu einem Konzert, wenn JPP irgendwo in eurer Nähe spielen.

Joni Mitchell: Both Sides Now

(gesungen 33 Jahre nachdem sie es geschrieben hat)

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Mir ist, als habe es Joni Mitchell geschafft, jeden Song, jede Liebesgeschichte und jedes gebrochene Herz in kleinen Kämmerchen ihrer Stimme aufzuheben; wenn sie sich also Both Sides Now im Jahr 2000 wieder annimmt, dann kannst du in jeder Phrase sehen, woher sie kommt. Die Erfahrung und das Können werden transparent, und du hörst das Herz im Zentrum dessen, was ein wilder Ritt gewesen ist. Ihr zuzuhören, die Worte zu lesen und ihr Songwriting zu studieren, gibt eigentlich alles, was man an Motivation braucht um besser, sorgfältiger, aufrichtiger, mehr sich Selbst zu werden.