Vor 200 Jahren kam in Köln Jacques Offenbach zur Welt – heute ist er noch längst nicht fertig entdeckt. Verblüfft lauscht Volker Hagedorn der frühen Cellomusik und liest ein spätes Reisebuch, um festzustellen: Der Virtuose Offenbach und der politische Beobachter – beide sind höchst aktuell. »Wie von der Tarantel gestochen« lautet die Redewendung, die mit […]
Autoren-Archive: Volker Hagedorn
…lebt als Buchautor, Journalist und Musiker in Norddeutschland. Er studierte Viola in Hannover, war Feuilletonredakteur in Hannover und Leipzig und ist seit 1996 selbstständig als Autor u.a. für ZEIT und Deutschlandfunk. Im Rowohlt Verlag erschienen von ihm »Bachs Welt« (2016) und »Der Klang von Paris« (2019). Sein neues Buch »Flammen. Eine europäische Musikerzählung 1900–1918« erscheint im April 2022.
Die Basis und der Brexit.
45 Stunden Arbeit, 14 Stunden auf der Schiene – darunter geht es nicht, wenn man als Musiker auf Großbritanniens freier Wildbahn überleben will. Seit dreizehn Jahren arbeitet der Deutsche Sebastian Müller als Geigenlehrer und Mucker auf der Insel. Unterwegs mit einem 38jährigen, der zwischen Klassengesellschaft und Brexit kritisch auf beide Seiten des Kanals guckt. Freitagnachmittag […]
»Baby’s got blue eyes…«
Was hat Elton John mit dem deutschen Kunstlied zu tun? Die Frage stellte sich Volker Hagedorn nicht, als er im Auto eine alte CD einwarf. Jetzt findet er, dass zwischen der Rezeption von Pop und Klassik eine groteske Lücke klafft – und entdeckt die Magie eines Subdominantseptnonenakkords. Als im fernen Sommer 1993 Elton John eines […]
Kein Phantom
Stephen Gould ist einer der besten Heldentenöre der Welt. Und er liebt Waldfruchtbuttermilchtorte. Eine Begegnung in Dresden. Text · Titelbild © Semperoper Dresden/Klaus Gigga · Datum 20.3.2019 Er trägt schwere Schuhe mit Spikes, um im Schneematsch vor der Semperoper nicht auszurutschen. Ein Mann von dieser Größe und mit diesem Job darf auf keinen Fall ausrutschen. […]
Fußnoten und Proteststürme.
Darf Don Giovanni in metoo-Zeiten faszinierend sein? Soll man es stehen lassen, wenn der Lutheraner Bach »Papst und Türken« als Gefährder vertont? Darf ein moderner Opernkomponist auch Terroristen singen lassen? Volker Hagedorn plädiert für ein komplexes Ja und die Mündigkeit des Publikums. Neulich spielte ich als Bratscher mit in Johann Sebastian Bachs Kantate Gleich wie […]
Paris 1830–1867
Zwischen Hexensabbat und Großstadtfieber, Revolution und Jüngstem Gericht, Virtuosität und Reduktion, Cholera und Pogromen, Selbstfindung und Militärparaden: So klingt Paris im 19. Jahrhundert. Hector Berlioz, Symphonie fantastique (1830), 5. Satz, Hexensabbat Les Musiciens du Louvre, Marc Minkowski Hexensabbat oder Großstadtfieber? Das Finale der Symphonie fantastique aus dem Revolutionsjahr 1830 wird von den Musiciens du Louvre […]
Zahlen? Nein, danke!
Je mehr sich Kultur legitimieren muss, desto mehr wird gezählt. Besonders in der Klassik grassiert die Statistik. Wie viel Mozart, wie viel Avantgarde, wie viele Komponistinnen? Volker Hagedorn findet die Messwerte unmusikalisch. Die Zauberflöte musste Platz eins räumen, Don Giovanni ist von sieben auf acht gerutscht. Auf der Plattform backtrack.com, die Angaben zu knapp 34.000 […]
Früher kam kein Weihnachtsmann.
Eines der abgesungensten Weihnachtslieder der Welt ist das doppelbödigste von allen. Volker Hagedorn folgt seiner Spur aus dem feudalen Frankreich über Mozart und den Dichter Fallersleben bis in die Kreismusikschule, enthüllt die weiblichen Anteile des Rauschebarts und plant das 12.000 Arrangement. Ich höre es dauernd und werde es nicht leid. Nicht mal in der grausigen […]
Wie geht’s der Aura?
Eigentlich kommunizieren Musiker heute so viel wie nie zuvor. Warum ist es dann so besonders, einen Pianisten wie Alfred Cortot reden zu hören und zu sehen, während er spielt? Volker Hagedorn hat über die »Aura« nachgedacht und festgestellt, dass es um etwas anderes geht, oft beschworen, selten vorhanden: Authentizität. Ach ja, die Aura. Hätte Walter […]
»mmmm… schmeckt das gut…«
Titelbild © Nancy Horowitz Wir sitzen in der Kantine des Neubaus neben dem Nationaltheater München, wo der Tenor gerade die Meistersinger geprobt hat, in der Rolle des Gesellen David, mit der er im vorigen Jahr in Bayreuth debütierte. Daniel Behle ist nicht groß, ein jungenhafter 43-jähriger, kommt ohne Bugwelle daher und spricht so leise wie […]